Die Aussagen im 71-fachen Mordprozess rund um 11 Schlepper klingen abenteuerlich.
Der Prozess rund um die elf Schlepper, die am Erstickungstod der 71 Flüchtlinge aus dem bei Parndorf abgestellten Kühllaster verantwortlich sein sollen, wird immer bizarrer. Am Freitag war der Fünftangeklagte Kassim H. (52) geladen, der dabei geholfen haben soll, Fahrzeuge zu organisieren. Er verweigerte vor Gericht die Aussage. Deshalb verlas Richter Janos Jadi seine polizeiliche Einvernahme.
Darin behauptet der bulgarisch-libanesische Doppelstaatsbürger, seit 1996 mit dem bulgarischen Inlands-Abwehrdienst zu kooperieren und Informationen zu dem Drama von Parndorf an dortige Sicherheitsorgane weitergegeben zu haben. Er weist jede Schuld von sich und ortet eher ein Komplott gegen seine Person. Die Vorwürfe, er sei an der Schlepperorganisation beteiligt gewesen, seien nämlich „politisiert“ und „fiktiv“. Ihm drohen bei einem Schuldspruch wegen organisierter Schlepperei bis zu 20 Jahre Haft.
Angeklagte spielen ihre Rollen im Drama runter
Bis auf den Lenker des Todes-Lasters Ivalyo S. (26) hat sich noch keiner der Angeklagten vor Gericht geäußert. Der 26-Jährige machte eine Art Geständnis, indem er Telefonprotokolle bestätigte, die auf Funktion und Hierarchie innerhalb der Schleuserbande schließen lassen. Er will aus Angst vor dem Bandenboss nicht angehalten haben – und weil ihm ein Komplize versicherte, mit den Flüchtlingen im Laderaum in Kontakt zu stehen.
Der Bandenboss, Samsoor L. (30), behauptet, nur ein Autohändler gewesen zu sein. Sein Vize Metodi G. (30) warf der ungarischen Polizei vor, die Telefonprotokolle manipuliert zu haben.
Auch der Begleitfahrer des Todeslasters, Todorov B. (39), spielt seine Rolle herunter. Er sollte nur die Route im Auge behalten und will nicht dabei gewesen sein, als die 71 Flüchtlinge den Laderaum bestiegen.