Fall Lucile

Angeklagter gestand Bluttat in Tirol

Teilen

Gegenüber einem Gutachter in Deutschland.

Im Fall der im Jahr 2014 in Kufstein getöteten 20 Jahre alten französischen Austausch-Studentin Lucile K. aus Lyon hat der Beschuldigte offenbar ein Geständnis abgelegt. Der Rumäne, der derzeit in Deutschland wegen des Mordes an einer Joggerin vor Gericht steht, habe die Tat gegenüber einem psychiatrischen Gutachter eingeräumt, sagte ein dortiger Gerichtssprecher.
 
Bisher hatte der Mann zu dem Fall in Kufstein öffentlich geschwiegen. Am Montag wurde zudem bekannt, dass der dringend tatverdächtige Lastwagenfahrer auf Videoaufnahmen unweit des Tatorts am Wochenende des Mordes zu erkennen ist. Das habe eine neue Auswertung der Aufnahmen ergeben, sagte ein ermittelnder Kriminalbeamter vor dem Gericht in Freiburg. Dort wird derzeit der Mord an einer 27-jährigen Joggerin in Endingen verhandelt. Dazu würden auch GPS- und Mautdaten passen, über die die Ermittler dem mutmaßlichen Täter auf die Spur gekommen seien.
 

Schläge auf den Kopf

"Es gab drei heftige Gewalteinwirkungen", sagte die österreichische Gerichtsmedizinerin Marion Pavlic, die die Leiche der französischen Austauschstudentin obduzierte, am Montag vor Gericht. Den ersten Schlag mit einem länglichen Gegenstand habe die junge Frau vermutlich mit der Hand abzuwehren versucht. Danach - das könne sie aber nicht mit Sicherheit sagen - sei das Opfer nach einem Schlag ins Gesicht, der ihr die Nase und den Kiefer gebrochen habe, zu Boden gegangen. Schließlich wurde ihr noch ein weiterer Schlag auf den Hinterkopf versetzt. Beide Schläge auf den Kopf seien lebensgefährlich gewesen und hätten wahrscheinlich dazu geführt, dass die junge Französin sofort das Bewusstsein verlor. Die Tatwaffe, eine Hubstange, wie sie zum Beispiel zum Anheben eines Lkw-Führerhauses genutzt wird, wurde schließlich im nahegelegenen Inn gefunden.
 
Als ein österreichsicher Ermittler der Vorsitzenden im Freiburger Prozess Lichtbilder des Kufsteiner Tatorts zeigt, stellte diese laut dem Bericht fest: Die beiden Frauen ähnelten sich. Auch die Abläufe würden Parallelen zeigen: Die Austauschstudentin wurde, nachdem sie der Täter niedergeschlagen hatte, noch einige Meter an den Füßen fortgeschleift, ihr fehlten nach Angaben des Ermittlers das Handy, ihre Handtasche und Haustürschlüssel. Auch die Joggerin in Endingen wurde vom Weg in den Wald geschleift, ihr fehlten das Handy und ein Schuh - beides wurde später in der Nähe des Tatorts gefunden.
 
Den Mord an der Joggerin hatte der 40-jährige Angeklagte bereits zu Prozessbeginn am 22. November gestanden. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass nach Ende des Prozesses in Deutschland Mordanklage gegen den Beschuldigten erhoben wird. Man warte noch die Übermittlung der Prozessprotokolle aus Freiburg ab, hatte ein Sprecher Ende November gegenüber der APA erklärt. Nach Prozessende werde der Tatverdächtige auch nach Österreich ausgeliefert.
 

Zusatzstrafe

Sollte der Beschuldigte sowohl in Deutschland als auch bei einem späteren Prozess in Innsbruck verurteilt werden, gelte die Strafe in Österreich rechtlich als "Zusatzstrafe", erklärte der Sprecher. Im Falle einer lebenslangen Freiheitsstrafe in Deutschland und einer weiteren möglichen Verurteilung in Tirol würde das Innsbrucker Gericht den Mann formell schuldig sprechen und "in Rücksicht auf das Urteil in Deutschland" keine weitere Strafe verhängen. Wo der Tatverdächtige im Falle zweier Verurteilungen dann seine Strafe absitzen müsste, sei noch offen. Dies würden die Behörden beider Länder gemeinsam entscheiden, so die Anklagebehörde.
 
Die Leiche der Französin Lucile K., die aus der Gegend von Lyon stammte und im Rahmen eines Auslandssemesters in Kufstein studiert hatte, war am 12. Jänner 2014 von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt worden. Freunde und Studienkollegen hatten die junge Frau als vermisst gemeldet.
 
 

Chronologie

Am 12. Jänner 2014 wird die französische Studentin Lucile K. erschlagen am Innufer in Kufstein aufgefunden. Im Juni 2017 wird der mutmaßliche Täter in Deutschland festgenommen. Er soll Anfang November 2016 auch eine Joggerin in Endingen erschlagen haben. Im folgenden eine Chronologie des spektakulären Falls in Tirol.
 
12. Jänner 2014: Polizisten finden am Innufer in Kufstein die Leiche der französische Studentin, die aus der Gegend von Lyon stammt und seit vier Monaten im Rahmen eines Austauschprogrammes in Kufstein weilt. Die junge Frau ist zuvor von Studienkollegen als vermisst gemeldet worden.
 
13. Jänner 2014: Für die Ermittler stellt sich schnell heraus, dass es sich um ein Gewaltverbrechen handelt. LKA-Chef Walter Pupp spricht am Tag danach von "stumpfer Gewalt", die zum Tod der 20-Jährigen geführt hat. Hinweise auf den oder die Täter bzw. auf die Tatwaffe gibt es vorerst keine. Auch die Sachen der jungen Frau - Tasche und Handy - bleiben vorerst verschwunden. Deshalb schließen die Ermittler auch einen Raubmord als Motiv nicht aus.
 
27. Jänner 2014: Bei einem Tauchgang im Inn finden Polizeitaucher die Tatwaffe. Dabei handelt es sich um ein 58 Zentimeter langes Rohr mit einem 2,3 Zentimeter großen Durchmesser. Die 1,7 Kilogramm schwere Eisenstange kommt laut Ermittlern bei der Bedienung von hydraulischen Hebesystemen, aber auch bei Lastkraftwagen zum Einsatz, um die Fahrerkabine anzuheben.
 
24. Juni 2015: Der Fall wird in der ZDF-Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" ausgestrahlt. In den folgenden Tagen gehen etliche Hinweise ein. Laut Ermittlern befindet sich aber nichts Brauchbares darunter.
 
26. Jänner 2017: Ein Verbrechen in Deutschland gibt dem Fall eine neue Wende: Am Tatort einer Anfang November in Endingen bei Freiburg getöteten 27-jährigen Joggerin stellen die Ermittler DNA-Fragmente sicher, die mit den Spuren im Fall Lucile übereinstimmen. Die Ermittler sprechen beim deutschen Opfer von schwerem sexuellen Missbrauch. Die Tiroler Ermittler ziehen daher nun auch sexuellen Missbrauch als Tatmotiv in Betracht. Zudem sprechen sie von einem Durchbruch bei den Ermittlungen.
 
5. April 2017: Die deutschen Kriminalisten veröffentlichen ein Phantombild. In der Folge gehen zahlreiche Hinweise ein, auch bei den hiesigen Stellen. Vorerst scheint aber keine heiße Spur darunter zu sein.
 
2. Juni 2017: Die deutschen Ermittler vermelden die Festnahme eines Verdächtigen. Ersten Informationen zufolge soll es sich um einen Fernfahrer handeln, der im Raum Freiburg arbeitet.
 
10. Oktober 2017: Die Staatsanwaltschaft in Deutschland gibt bekannt, Mordanklage gegen den 40-jährigen Rumänen im Fall Endingen erhoben zu haben.
 
22. November 2017: Beim Prozessauftakt in Freiburg legt der Beschuldigte ein Geständnis ab. "Ich weiß, dass das, was ich getan habe, nicht zu verzeihen ist. In mir war Aggression, aber kein sexuelles Verlangen", sagt er vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck erklärt indes, nach Prozessende in Deutschland Mordanklage im Fall Lucile erheben zu wollen. Zunächst soll noch die Übermittlung der Prozessprotokolle aus Freiburg abgewartet werden.
 
4. Dezember 2017: Auch im Fall der in Kufstein getöteten 20 Jahre alten französischen Austausch-Studentin Lucile K. aus Lyon hat der Beschuldigte offenbar ein Geständnis abgelegt. Der Mann habe die Tat gegenüber einem psychiatrischen Gutachter eingeräumt, so ein Gerichtssprecher
 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.