Wien

Arbeiter schoss Chef nieder: 3,5 Jahre Haft

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44-Jähriger kam mit Kündigung nicht zurecht. Urteil nicht  rechtskräftig.

Weil er nach seiner Kündigung mit einem Gewehr auf seinen Ex-Chef gefeuert hatte, ist heute, Freitag, ein 44-Jähriger Blitzschutzmonteuer am Wiener Landesgericht nicht wegen des angeklagten Mordversuchs, sondern wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen worden. Der Iraner wurde zu 3,5 Jahren verurteilt. Die Strafe ist nicht nichts rechtskräftig.

Die Geschworenen hatten mit drei zu fünf Stimmen den Mordversuch verneint, hingegen einstimmig die Eventualfrage einer absichtlichen schweren Körperverletzung bejaht. Der 44-Jährige nahm das Urteil sofort an, Staatsanwalt Bernd Schneider meldete Berufung an. Mildernd war vom Gericht die Unbescholtenheit des Angeklagten, sein reumütiges Geständnis bezüglich der Körperverletzung sowie seine Persönlichkeitsstörung gewertet worden. Erschwerend hingegen die Tathandlung mit dem Gewehr, das eine besonders hohe Gefährdung aufweise.

Auslöser der Bluttat war ein Streit im Mai 2013: Der Arbeiter sollte den zweiten Firmenwagen zurückbringen, da das andere Kfz wegen eines Defekts ausgefallen war, und man noch zu einer Baustelle in Niederösterreich fahren musste. Doch der 44-Jährige weigerte sich, weshalb ihn sein Chef am Telefon fristlos kündigte und mit einem weiteren Arbeiter per Zweitschlüssel das Firmenauto abholte.

Den Iraner, der im Substitutionsprogramm behandelt wurde, wurmte dies derart, dass er für den nächsten Tag eine Attacke auf seinen nunmehrigen Ex-Arbeitgeber plante: Er schnitt von einer Gitarre den Gitarrenhals ab, steckte seinen großkalibrigen Unterhebelrepetierer in das Instrument und diese Konstruktion in eine Gitarrentasche, um die Waffe unauffällig transportieren zu können. Weiters mit dabei: 50 Patronen, ein Taser, Kabelbinder als Handschellenersatz sowie ein Messer.

Am 23. Mai fuhr er ins Büro, um von seinem Chef angeblich ausständige Zahlungen einzufordern. Als dieser nicht darauf einging, nahm er das Gewehr des Kalibers .45 Colt und schoss. Weil sich der 51-Jährige geistesgegenwärtig auf die Seite warf, traf ihn das Geschoss "nur" seitlich im Brustkorb, drang im Bereich der dritten Rippe ein und auf Höhe der fünften wieder aus. Ein zweiter Schuss ging versehentlich los und in Richtung Decke.

Der Angeklagte repetierte noch drei weitere Male. Warum sich kein weiterer Schuss löste, alle Zündhütchen wiesen leichte Spuren des Schlagbolzens auf, konnte auch der Schusssachverständige Ingo Wieser nicht genau erklären. Bei der Polizei, die sechs Probeschüsse abgab, versagte die Waffe jedenfalls zumindest einmal, bei den Versuchen Wiesers jedoch nicht. Während der Attacke kam ein Arbeiter seinem Chef zur Hilfe, warf ein Montiereisen und einen 17er Schlüssel auf den Iraner und barg den Verletzten aus dem Raum.

Der Beschuldigte versuchte, das Gericht unter dem Vorsitz von Friedrich Forsthuber sowie die Geschworenen davon zu überzeugen, dass er seinen Arbeitgeber nur verletzen, aber keinesfalls töten habe wollen. Dieser hätte ihn gequält nicht entsprechend seinen Ansprüchen entlohnt und u.a. als Kameltreiber bezeichnet. Ein ehemaliger Kollege bestätigte derartige rassistische Ausfälle, während ein anderer Angestellter davon nichts bemerkt haben will. "Wenn ich geschimpft werde, bin ich am nächsten Tag weg", versicherte der Tschetschene.

"Ich habe viele Ausländer in der Firma, das kann nur eine Schutzbehauptung sein", meinte der Chef zu diesen Vorwürfen. Auch alle Lohnabrechnungen seien korrekt erfolgt, allerdings habe es Gehaltspfändungen, hauptsächlich der GIS, gegeben. Überstunden habe der Angeklagte keine geleistet, dazu wäre er gar nicht fähig gewesen, da dessen Arbeitsleistungen ab Mittag drastisch nachgelassen hätten, sagte der 51-Jährige vor Gericht.

"Er kam mit der Waffe im Anschlag auf mich zu", schilderte der Ex-Chef des Angeklagten dann die dramatischen Sekunden des unerwarteten Angriffs. Dabei habe der 44-Jährige direkt auf seine Körpermitte gezielt. "Zeitgleich mit dem Blitz und dem Knall habe ich mich auf die Seite geworfen und einen Schlag gespürt." Während der 51-Jährige sich unter seinen Schreibtisch flüchtete, ging der zweite Schuss los und er hörte die Repetierbewegungen des Schützen. "Als ich mich umdrehte, habe ich direkt in den Gewehrlauf geschaut." Doch statt des Schusses gab es nur ein Klicken. Nach Aussage des 51-Jährigen, der selbst Sportschütze ist, das typische Geräusch beim Versagen einer Waffe.

Staatsanwalt Bernd Schneider appellierte an die Geschworenen, bei ihren Beratungen ihren gesunden Menschenverstand zu benutzen: "Wenn ich mit einem Gewehr aus nächster Nähe jemanden in den Brustkorb schieße, gehe ich davon aus, dass derjenige stirbt." Die Verantwortung, dass dieser sein Opfer nur verletzen wollte, nehme er diesem nicht ab. Verteidiger Georg Morent hingegen meinte, sein unbescholtener Mandant, der "gequält und gekränkt" wurde, habe seinen Chef sicher nicht töten wollen.

 

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