Das "ruhige, klassische" Projekt hat gewonnen, Barrierefreiheit als wichtigste Neuerung.
Das Linzer Architektenbüro Heidl hat den Wettbewerb für den Umbau des Nationalrats-Sitzungssaales gewonnen. In einer siebenstündigen Sitzung habe sich die Jury gestern, Donnerstag, spätabends einstimmig "für Kontinuität und für ein ruhiges, klassisches Projekt mit klaren Strukturen" entschieden, wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) bei einer Pressekonferenz am Freitag bekanntgab. Der Umbau, dessen prognostizierte Kosten von 17 Millionen Euro die veranschlagten 21 Millionen unterschreiten, werde sich durch die anstehende Neuwahl allerdings verzögern. Ein Baubeginn vor dem Sommer 2010 sei nicht realistisch.
Barrierefreiheit als wichtigste Neuerung
Die wichtigsten
Veränderungen betreffen die Barrierefreiheit, die technische Modernisierung
und die Besucherzonen. So soll die Säulenhalle unterhalb des Saales als
Besucherzentrum genutzt werden, von dem aus die drei Galerien erreicht
werden. Auch das Dachgeschoß soll nach dem Entwurf der Heidl-Architekten neu
aktiviert werden - Gastronomie und ein kleiner Garten sind hier vorgesehen.
Wichtigstes Anliegen für Prammer war allerdings die Barrierefreiheit "für
alle Positionen, die man in diesem Saal bekleiden kann." Rollstuhlfahrer
werden künftig sowohl als Abgeordnete, als Regierungsmitglieder, im
Parlamentspräsidium oder auf den Medien- und Besucherrängen problemlos zu
ihren Plätzen gelangen.
Bestehende Architektur soll eingebunden werden
Der Entwurf des
Büro Heidl, das bereits u.a. am Neuen Linzer Rathaus beteiligt war, ging aus
einem zweistufigen Verfahren hervor. Von ursprünglich 21 Einreichungen waren
sieben überarbeitete Versionen gestern diskutiert worden. "Es gab einige
diametral entgegengesetzte Ansätze", erzählte Jury-Präsident Boris Podrecca.
Manche Kollegen hätten sich für "starke Bodybuilder-Entwürfe" entschieden,
die jedoch die Bausubstanz des ursprünglichen Architekten Theophil Hansen
zugunsten von Modernität zerstört hätten. "Wir wollen keinen baulichen
Invaliden hinterlassen", so Podrecca. Stattdessen habe man sich zu einem
"lyrischen, feinen Vorgehen" im Kontext der bestehenden Architektur
entschlossen. "Wir brauchen keinen Heuler, der in zehn Jahren nicht mehr
zeitgemäß ist", zeigte sich auch Prammer von der Nachhaltigkeit des Projekts
überzeugt. Eine Glas-Holz-Ummantelung soll eine ruhige Atmosphäre schaffen.
"Der Raum soll ja bei den Diskussionen nicht mitstreiten", scherzte Podrecca.
Baubeginn erst 2010
Die weiteren Verhandlungen mit dem prämierten
Architekten, die Detailplanung und die behördlichen Wege werden sich durch
die bevorstehende Neuwahl allerdings verzögern. Das Sonderbudget wurde zwar
seit Jahren eingeplant, das notwendige Bundesfinanzgesetz geht sich in der
aktuellen Legislaturperiode allerdings nicht mehr aus. Bis unter der neuen
Regierung wieder Bewegung in die Sache kommt, sollen die Einreichungen sowie
der Gewinner-Entwurf im Palais Epstein ausgestellt werden. Bei einem
Baubeginn in der zweiten Jahreshälfte 2010 könnte der Nationalrat dann ab
Anfang 2012 in den neuen Saal einziehen. Von den aktuellen Entwicklungen
bedroht sieht Prammer den Umbau jedenfalls nicht. "Solche sensiblen Projekte
muss man aus der Tagespolitik heraushalten", mahnte die
Nationalratspräsidentin. Sollte man jetzt einen Stopp verhängen, würde man
"eine sehr hohe Summe Geld in den Sand setzen."
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