Ein Justiz-Freigänger tötete aus Eifersucht und Rache seinen Konkurrenten. Und richtete sich hernach selbst. Auch sein Ex, die überlebte, wollte der Ex-Puff-Chef - der seit 1999 insgesamt 14 Jahre hinter Gittern gesessen war - töten. Sie überlebte den Anschlag.
NÖ. Nach dem Blutbad von Traiskirchen (Bezirk Baden), bei dem Freigänger Josef P. (66) am Sonntag einen 55-Jährigen Imbissbudenbesitzer erschossen und eine 25-Jährige schwer verletzt hat, will die Justiz bei der Einschätzung von Risikotätern nachschärfen.
Künftig sollen etwa auch Postings in sozialen Medien in die Bewertung einfließen. Wie oe24 aufdeckte, hatte der zutiefst gekränkte Ex-Rotlicht-Boss auf Facebook geschrieben: "Es wird viel schneller kommen als ihr alle denken könnt. Die Überraschung wird groß sein. Seine Ex - die ihn angezeigt hatte, sodass er wieder einmal hinter Gitter wanderte, wusste sofort, was Josef P. meinte - wie sie später den Ermittlern auf der Intensivstation liegende flüstern sollte. Die Justiz hatte vermutlich nicht einmal einen Tau, dass P. u.a. auf Facebook und Instagram mehrere Profile und zwar schon in Häfen-Zeiten angelegt hatte.
Wie der Gefangene an die Waffe samt Munition - eine Bockbüchsflinte mit Flintenlaufgeschossen - gekommen war, obwohl bereits seit 40 Jahren ein Waffenverbot über ihn besteht, ist nach wie vor Gegenstand von Ermittlungen.
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Josef P. hatte am Sonntagvormittag je einmal auf seine Ex-Freundin und deren neuen Partner geschossen. Im Anschluss flüchtete er zunächst mit einem Auto, beging dann aber in den Weingärten Suizid. Der einschlägig vorbestrafte 66-Jährige (er saß früher u.a. wegen Juwelenraubs, weil er einem Konkurrenten in den Fuß geschossen oder eine Prostituierte aus dem Fenster geworfen hatte) war zuletzt heuer am 4. Februar am Landesgericht Wiener Neustadt wegen häuslicher Gewalt zu einer unbedingten Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Er soll der 25-Jährigen im Vorjahr gedroht haben, ihr die Zähne auszuschlagen bzw. sie zu töten, falls sie ihn betrüge, woraufhin das Opfer Anzeige erstattete. Die Frau hatte sich laut Polizeiangaben nun in einer Partnerschaft mit dem 55-Jährigen - übrigens ein Ex-Mitarbeiter von P. - befunden haben, bei dessen Imbissstand sie auch beschäftigt war.
"Nicht frühzeitig erkannt oder richtig eingeordnet"
"Der tragische Anlassfall macht deutlich, dass es trotz bestehender vollzuglicher Strukturen und interdisziplinärer Fachteams Situationen geben kann, in denen sicherheitsrelevante Entwicklungen nicht frühzeitig genug erkannt oder richtig eingeordnet werden", hieß es vonseiten des Justizministeriums. Die Freiheitsstrafe des 66-Jährigen hätte heuer im Dezember geendet. Er befand sich den Angaben zufolge auf einem genehmigten Ausgang, nachdem er zuvor mehrere begleitet und unbegleitet "ohne Vorkommnisse im Rahmen des Entlassungsvollzugs absolviert" hatte.
Mit dem Projekt "Prison Intelligence" werde daran gearbeitet, die Einschätzung von Risikotätern künftig "strukturell auf eine noch breitere Basis zu stellen. So sollen sicherheitsrelevante Bedrohungen besser identifiziert und bewältigt werden", wurde mitgeteilt. Dabei werden Informationen aus verschiedenen Quellen (beispielsweise Beobachtungen des Exekutivpersonals, Auswertungen von Kommunikationsverhalten, etwa auf Social Media, Anzeichen von Radikalisierung, Konfliktdynamiken oder Gewaltbereitschaft) strukturiert erfasst, analysiert und in Entscheidungsprozesse eingespeist - etwa bei Vollzugslockerungen oder bei der Risikobewertung für Freigänge.