Prozess-Gutachten

Die Aussagen der Sachverständigen

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Im Prozess nach dem Amoklauf in Potzneusiedl kamen am Montagnachmittag die fünf Sachverständigen ausführlich zu Wort.

Bei der Waffe, mit der die drei Frauen tödlich getroffen wurden, handelte es sich um eine Pistole der Marke Tokarev aus tschechischer Produktion, führte zunächst der waffentechnische Sachverständige aus.

Gezielte Schüsse
Bei den Schüssen seien drei verschiedene Munitionsarten eingesetzt worden, darunter auch Projektile mit Stahlkern. Sie hätten auch Titan-Schutzhelme durchschlagen können, so der Experte. Auf die Frage, ob seiner Meinung nach gezielt Schüsse auf lebenswichtige Organe abgegeben wurden, meinte der Sachverständige: "Auf jeden Fall", alle drei Frauen hätten Kopfschüsse aufgewiesen. Ein Geschoss sei auch angebohrt gewesen: "Das macht man, wenn man die Effizienz steigern will." Für eine Wirkungssteigerung sei die Bohrung, die sich allerdings zeitlich nicht einordnen lasse, in diesem Fall zu gering dimensioniert gewesen.

Unterzucker?
Ausführlicher Raum wurde der Frage einer möglichen Unterzuckerung des Angeklagten Rudolf Z. im Zusammenhang mit daraus möglicherweise resultierender Zurechnungsunfähigkeit gewidmet. Der 46-Jährige habe Diabetes Mellitus vom Typ 2, führte der medizinische Gutachter aus. Am Tag der Tat hatte der Angeklagte nach eigenen Angaben nichts gegessen, sondern lediglich zwei Tabletten seines Diabetes-Medikaments zu sich genommen und am Nachmittag Alkohol konsumiert.

Nach seiner Ansicht sei es medizinisch undenkbar, dass der Zustand einer schweren Unterzuckerung das Bewusstsein so sehr störe, "dass man nicht mehr weiß, was man tut", meinte der Gutachter. Bei einem solchen starken Abfallen des Blutzuckers wären außerdem "Alarmphänomene" wie Schweißausbrüche, Zittrigkeit, Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen aufgetreten, die für die Umgebung wahrnehmbar gewesen wären. Ein planendes Vorgehen sei mit einer starken Unterzuckerung nicht kompatibel.

"Respektabler" IQ
Der psychologische Sachverständige bescheinigte dem Angeklagten "einen durchaus respektablen Intelligenzquotient von 114." Bei dem 46-Jährigen ergäben sich Hinweise auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, die jedoch kein krankhaftes Ausmaß zeige.

Psychiatrisch zurechnungsfähig
Zu einem ähnlichen Schluss kam auch der psychiatrische Sachverständige, der beim Angeklagten das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung in Form einer Charakterstörung feststellte. Diese reiche weit in die Entwicklung zurück. Aus psychiatrischer Sicht gebe es keine Hinweise, dass der Angeklagte am Tag der Tat nicht in der Lage gewesen sei, die Unrechtmäßigkeit seiner Handlungen einzusehen. Die Tat selbst sei aus seiner Sicht der "Endpunkt einer prozesshaften Entwicklung" gewesen. Sich in einem "Tunnel" zu befinden, wie der Angeklagte die Situation während er Tat schilderte, heiße nicht, dass ihm ein anderes Handeln nicht möglich gewesen wäre, so der Gutachter.

Weitere Gutachten am Dienstag
Nach den Ausführungen der Sachverständigen wurde der Prozess vertagt. Am Dienstag Vormittag sollen zunächst weitere Zeugen gehört werden.

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