Sportler hypernervös

Doping-Skandal: Immer mehr packen aus

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Die Ermittler arbeiten auf Hochtouren. Sie haben alle Informationen, bald wird zugeschlagen.

Wien. Es ist eine Dopinglawine. Täglich schockiert ein neuer Fall. Die Szene ist hypernervös. So sehr, dass sich Blut­dopingsünder selber melden – noch bevor die Polizei anklopft. Radler Georg Preidler ist der aktuellste Fall, er zeigte sich selbst an (siehe rechts).

Erwischt. Die Liste der Überführten wird immer länger. Bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld sind vier Sportler erwischt worden, zwei davon Österreicher: Dominik Baldauf und Max Hauke (beide 26). Danach nahmen die Ermittler in Tirol den Profiradfahrer Stefan Denifl fest. Auch der Ex-Leichtathlet und verurteilte Dopingsünder Stefan Matschi­ner ist involviert. „Ich habe Dopinggeräte weitergegeben“ (siehe unten).

Alle Überführten haben vor den Ermittlern ausgepackt

Hintermänner. Schon bald werden unzählige Sportler mit Blaulicht abgeholt. Die Indizien: Alle festgenommenen Sportler sind wieder frei – wohl, weil sie ausgepackt haben. Das bedeutet, die Ermittler haben nun die Namen der Hintermänner.

Experten meinen, dass der deutsche Sportmediziner Mark Schmidt (40) mehr als hundert Kunden hatte – er scheint das Mastermind hinter dem Blutdoping zu sein (es gilt die Unschuldsvermutung). Bei einer Razzia in Erfurt fanden Polizisten in seiner Garage 40 Blutbeutel.

Der Münchner Staatsanwalt Kai Gräber spricht von „Beweismittel in Hülle und Fülle.“ Jetzt werden sie auch mit DNA-Proben verglichen. Die Zahl der Verdächtigen wird sich stark ausweiten: „Sowohl im Hinblick auf weitere Sportler und andere Sportarten.“ Jetzt zittern sogar Fußballer (siehe unten).

Razzien. Alle Informationen laufen im Bundeskriminalamt (BKA) in Wien zusammen. Hier sind bis zu sechs Experten damit beschäftigt, „Informationen der Vernehmungen und Sicherstellungen zu analysieren“, so Vincenz Kriegs-Au vom BKA.

Radprofi Georg Preidler zeigte sich selbst an

Nachdem Stefan Denifl vor der Staatsanwaltschaft auspackte, verlor der nächste von Skandalarzt Schmidt versorgte Radprofi die Nerven: Der Steirer Georg Preidler (28), Giro-Etappen-Dritter, zeigte sich selbst an: Er habe sich Blut abnehmen lassen, es aber nicht rückführen lassen. Preidler informierte seinen Arbeitgeber, das französische Profiteam FDJ, über das Vergehen und seinen Rücktritt. Laut FDJ hatte Preidler zugegeben, sich Ende 2018 zweimal Blut abgezapft haben zu lassen.

Matschiner: »Der Leistungssport ist eine einzige Heuchelei« 

 
ÖSTERREICH: Sind Sie überrascht, dass man den mutmaßlichen Doping-Arzt so lange werken ließ?
 
Stefan Matschiner: Nein, weil der Bedarf ist offenbar da. In Österreich ist man das damals mit Hilfe der Soko Doping intensiver angegangen als in Deutschland. Es ist zu begrüßen, dass unsere Behörden und die Polizei gscheit ermitteln.
 
ÖSTERREICH: Stimmt es, dass Sie Ihre Gerätschaft an den mutmaßlichen Doping-Arzt Schmidt weitergegeben haben?
 
Matschiner: Ja, das hab ich. Ich hab ja alles vom Gericht zurückbekommen. Ich habe sie ihm gegeben und gesagt: Mach damit, was du willst. Ich war froh, dass ich das Zeug losgeworden bin.
 
ÖSTERREICH: Sie kritisieren ÖSV-Präsident Schröcksnadel als Vorgesetzten, der nie mitbekommt, wenn was falsch läuft
 
Matschiner: Das ist für mich amtlich. Da kann er 1.000 Mal herumreden. In der Privatwirtschaft würde so ein Chef damit nie durchkommen.
 
ÖSTERREICH: Warum gehen Sie so lange nach Ihrem Fall wieder an die Öffentlichkeit?
 
Matschiner: Weil mich die Scheinheiligkeit von Trainerund Funktionärsseite her ankotzt. Ich hab gesagt, der Leistungssport ist eine einzige Heuchelei. Kein Athlet, der es richtig angeht, wird positiv getestet werden, dazu stehe ich.
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