Urteil

Finanzskandal: 18 Monate teilbedingt für Rathgeber

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OGH hob Freispruch in zweitem Anklagefaktum auf - Ex-Leiterin  des Budgetreferats für Untreue im Ausmaß von knapp 840.000 Euro verurteilt.

Kein gutes Ende hat das Rechtsmittelverfahren im sogenannten zweiten Salzburger Finanzskandalprozess für die ehemalige Leiterin des Budgetreferats des Landes Salzburg, Monika Rathgeber, genommen. In Stattgebung einer Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg hob der Oberste Gerichtshof (OGH) am Mittwoch den erstinstanzlichen Freispruch in einem der beiden Anklagefakten auf.

Rathgeber war im Oktober 2016 vom Landesgericht Salzburg nur in einem Anklagepunkt mit einem inkriminierten Schaden von 540.000 Euro schuldig erkannt worden und unter Bedachtnahme auf ein vorangegangenes Urteil ohne Zusatzstrafe davon gekommen. Diese Entscheidung wurde vom OGH korrigiert. Rathgeber wurde nun in beiden Anklagefakten schuldig gesprochen und bei einem Gesamtschaden von knapp 840.000 Euro zu 18 Monaten Haft verurteilt, davon sechs Monate unbedingt. Gegen diese Entscheidung ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr möglich.
 

35 und 25 Millionen

Verfahrensgegenständlich waren zwei Derivat-Geschäfte, die Rathgeber im Mai und Juni 2012 abgeschlossen hatte. Beim ersten Deal machte die Nominale (auf einer Aktie oder Anleihe angegebener Geldbetrag) 35 Millionen, beim folgenden 25 Millionen Euro aus. Vom Erstgericht war sie vom zweiten Faktum freigesprochen worden, weil ein Mitglied des Finanzbeirats des Landes Salzburg dieses nachträglich genehmigt hatte.

Ein Fünf-Richter-Senat des OGH schloss sich jedoch der Rechtsansicht der Salzburger Staatsanwaltschaft und der Generalprokuratur an, die den Freispruch bekämpft hatten. "Zurecht tritt die Staatsanwaltschaft der Rechtsmeinung des Erstgerichts entgegen, eine nachträgliche Genehmigung hätte eine Bedeutung", hielt der Senatsvorsitzende, Kurt Kirchbacher, fest. Rathgeber hätte sich "an ganz konkrete Handlungsanweisungen" zu halten gehabt, die ihr derartige Geschäfte untersagten. Stattdessen hätte sich die Budgetreferentin weiterhin auf "hochspekulative Derivat-Geschäfte mit öffentlichen Geldern" eingelassen und sich damit durch "wiederholtes, hartnäckiges Ignorieren des an sie ergangenen Handlungsauftrags" ausgezeichnet, stellte Kirchbacher fest. Diese Handlungsweise sei "unvertretbar", eine nachträgliche Zustimmung in strafrechtlicher Hinsicht "wirkungslos".

Bei der Strafbemessung berücksichtige der OGH zwei bereits rechtskräftige Urteile. Im ersten Verfahren im Zusammenhang mit dem Salzburger Finanzskandal war Rathgeber Anfang Februar 2016 wegen schweren Betrugs und Urkundenfälschung zu drei Jahren Haft verurteilt worden, davon ein Jahr unbedingt. Den unbedingten Strafteil verbüßte sie mit einer Fußfessel im elektronisch überwachten Hausarrest. Am 1. Februar 2017 durfte sie die Fußfessel ablegen. Im dritten Salzburger Finanzskandalprozess, in dessen Mittelpunkt vor allem der im September zurückgetretene Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) stand, wurde Rathgeber Ende Juli 2017 ebenfalls schuldig gesprochen. Sie fasste eine Zusatzstrafe von einem Jahr aus, die ihr zur Gänze bedingt nachgesehen wurde.
 

Fußfessel

Die langjährige Budgetreferentin, gegen die bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) weitere Ermittlungen anhängig sind, hat nach der nunmehr rechtskräftigen Erledigung der Vorgänge vom Frühjahr 2012 gute Chancen, dass ihr ein Aufenthalt im Gefängnis weiter erspart bleibt. Da der unbedingte Strafteil, den sie vom OGH aufgebrummt bekam, nur sechs Monate ausmacht, kann sie neuerlich die Fußfessel beantragen. Sollten sämtliche Voraussetzungen vorliegen, müsste der Leiter der Justizanstalt, in die Rathgeber zum Antritt ihrer Strafe zugewiesen wird, ihr erneut den elektronisch überwachten Hausarrest genehmigen.

Die 45-Jährige hatte im Justizpalast vergebens versucht, den OGH davon zu überzeugen, dass es für sie keine andere Möglichkeit gab, als im Frühjahr 2012 die ausgelaufenen Derivat-Geschäfte zu verlängern. "Ich war in einem Dilemma gefangen", betonte sie emotional sichtlich bewegt und verwies auf "die gesetzliche Vorgabe, die Zinsausgaben zu beschränken". Hätte sie die Geschäfte nicht verlängert, "wären die Zinsausgaben des Landes wieder um 18 Millionen Euro gestiegen, die nicht budgetiert waren".

Tränen

Dass der OGH ihr das Weiterbetreiben der Geschäfte ohne Einholung der Unterschrift ihres Vorgesetzten als wissentlichen Befugnismissbrauch auslegte und der Senatsvorsitzende Kurt Kirchbacher ihr explizit erklärte, sie hätte "in unvertretbarer Weise gegen die Regeln verstoßen", blieb für Rathgeber nicht nachvollziehbar. "Es hat keine andere Möglichkeit gegeben, die Zinsausgaben zu beschränken. Weil wir sonst unsere Budgetziele nicht einhalten hätten können", insistierte die 45-Jährige. Und den Tränen nahe versicherte Rathgeber abschließend, stets in gutem Glauben gehandelt zu haben: "Ich wollte zu keinem Zeitpunkt das Land schädigen." Im Gegenteil, zum Wohl des Landes habe sie "meinen Job riskiert. Ganz bewusst".
 

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