Mordprozess

Hauptzeuge aus Angst geflüchtet

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Nach einem Freispruch muss sich ein 28-Jähriger erneut ­wegen Mordes verantworten.

Wenn ein Mordprozess jemals auf der Kippe stand, dann dieser: Der wichtigste Zeuge angeblich aus Angst ins Ausland geflüchtet, etliche Ungereimtheiten in der Indizienkette der Anklage, weitere vier Zeugen, die den wegen Mordes angeklagten Shkelzen D. (28) als Todesschützen nicht wiedererkannten.

Welche Rolle spielte der untergetauchte Zeuge?

Andererseits: Der Kosovare, der am Ostersonntag in Wien-Brigittenau auf offener Straße aus Eifersucht seinen Nebenbuhler Igor Z. (26) mit einem Kopfschuss getötet haben soll, hat das Verbrechen gestanden: sechs Minuten nach der Tat bei der Polizei, angeblich telefonisch gegenüber seiner Frau und einem Mithäftling in der Zelle. Allerdings hat er sein Geständnis inzwischen widerrufen.

Das war im ersten Mordprozess gegen ihn. Nach der verwirrenden Beweisaufnahme sprachen ihn die acht Geschworenen einstimmig frei. „Ein Irrtum“, urteilten die drei Berufsrichter. Deshalb jetzt die Wiederholung des Ganzen. Erneut mit ungewissem Ausgang. „Er kann gar nicht der Schütze gewesen sein“, sagt sein Verteidiger Philipp Wolm. Denn: Bei Shkelzen D. wurden nach dem Mord an Händen und Kleidung kaum Schmauchspuren festgestellt. Und das bei einer Tokarev als Tatwaffe, die unter Ballistikern als „Dreckschleuder“ gilt.

Ein anderes Szenario scheint für die Verteidigung denkbar. Nicht Shkelzen D., sondern der untergetauchte Hauptzeuge könnte der Schütze gewesen sein. Er hatte den 28-Jährigen damals bei der Polizei mit folgenden Worten abgeliefert: „Sag das jetzt!“ Und bei ihm sollen mehr Schmauchspuren festgestellt worden sein als beim Angeklagten, für den selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt.

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