Jener "Sun"-Reporter, der den Fall-Asner aufdeckte, hat in London eine eidesstattliche Erklärung über sein umstrittenes Interview abgegeben.
Der britische Reporter des Boulevardblatts "Sun", der nach eigenen Angaben den in Kroatien als NS-Kriegsverbrecher gesuchten, in Klagenfurt lebenden Milivoj Asner interviewte, hat sich in London in einer eidesstattlichen Erklärung zu seinen "Beobachtungen als Journalist" hinsichtlich des Gesundheitszustands des 95-Jährigen geäußert. "Mein Eindruck war, dass er eher selektiv bei dem war, woran er sich erinnerte, als dass er einen allgemeinen Erinnerungsausfall hatte", legte Brian Flynn in dem Text dar, den das Simon Wiesenthal Center am Donnerstag publik machte. "Er sagte mir wiederholt, dass er glaube, es gehe ihm gut genug, um vor Gericht zu erscheinen, und dass er willens sei, nach Kroatien zurückzukehren, um dies zu tun."
Interview in Form "eines geistigen Wettspiels"
Den
Angaben zufolge stritt Asner zunächst ab, die Person zu sein, die Flynn
suchte. Erst als Flynn argumentierte, er habe Fotos von ihm gemacht, die mit
Aktenfotos übereinstimmten, habe Asner "diesen Ansatz aufgegeben". Das rund
45-minütige, mit Hilfe eines Übersetzers geführte Interview in Asners
Klagenfurter Wohnung am 15. Juni 2008 habe "zeitweilig die Form eines
geistigen Wettspiels angenommen". Er habe den Eindruck gehabt, Asner wolle
ihn "testen".
Momente "in denen er weniger klar erschien"
"Während
des gesamten Interviews schien er sich an alles zu erinnern, das seinem
Beharren darauf, dass er an jeglichen Kriegsverbrechen unschuldig sei,
helfen könnte", so der "Sun"-Reporter weiter. Wenngleich der 95-Jährige
während des Interviews bei klarem Verstand schien, "gab es ein paar Momente,
in denen er weniger klar erschien".
Staatsanwaltschaft prüft Vernehmungsfähigkeit
Im Fall
des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers prüft die Staatsanwaltschaft derzeit,
ob Asner vernehmungsunfähig ist, wie das diverse Gutachten festgestellt
haben. Sollte sich das Gegenteil herausstellen, gehe das Verfahren gegen den
in seiner Heimat gesuchten Kroaten weiter, sagte Justizministerin Maria
Berger (S) am Mittwoch. Eine amtsärztliche Untersuchung, hatte erst kürzlich
dessen Vernehmungsunfähigkeit ergeben. Die neuerliche Untersuchung war
erfolgt, nachdem im britischen Boulevardblatt "Sun" ein Interview mit Asner
publiziert worden war.
Dem früheren lokalen Polizeichef während des faschistischen kroatischen Ustascha-Regimes im Zweiten Weltkrieg werden Verbrechen an Serben, Juden und Roma vorgeworfen. Er soll an der Deportation von Hunderten Menschen beteiligt gewesen sein und rangiert auf der aktuellen Liste der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums auf Platz vier. Eine von den kroatischen Behörden beantragte Auslieferung Asners an Kroatien, wo ein Gerichtsverfahren gegen ihn läuft, ist bisher an mehreren Gutachten gescheitert, die ihm Verhandlungs- und Vernehmungsunfähigkeit wegen Demenz attestieren.
Gutachter warnt
Einer der Verfasser dieser Gutachten, Primarius
Reinhard Haller, hatte jüngst vor aus Medien stammenden Angaben über Asners
Vernehmungsfähigkeit gewarnt: "Wenn ein 'Sun'-Reporter schreibt, dass er
(Asner) bei klarem Verstand erscheint, dann ist das noch kein
Sachverständigen-Gutachten", so Haller.