Fall Kampusch

Justizministerin lässt ganzen Akt prüfen

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Beatrix Karl will "jeden Zweifel an den Ermittlungen der Justiz ausräumen".

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck stellte das Amtsmissbrauchs-Verfahren gegen die fünf in die Ermittlungen im Entführungsfall Natascha Kampusch eingebundenen Staatsanwälte ein.

Die Tiroler Strafverfolgungsbehörden hatten gegen ihre Wiener Kollegen auf Basis von Anschuldigungen des ehemaligen OGH-Präsidenten Johann Rzeszut ermittelt, der diesen in seiner Funktion als Ex-Mitglied einer vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission zu den Kampusch-Ermittlungen schwere Versäumnisse vorgeworfen hatte. Rzeszut bezichtigte die Staatsanwälte, wissentlich wesentliche Ergebnisse der Polizeiarbeit ignoriert und sich frühzeitig auf Wolfgang Priklopil als Einzeltäter festgelegt zu haben.

Ungeachtet Rzeszuts Bedenken sei die Justiz überzeugt, dass der Kampusch-Entführer Wolfgang Priklopil keinen Komplizen oder Mitwisser hatte. "Es gibt keinen zweiten Täter", so Sektionschef Christian Pilnacek. "Es gibt keinen Hinweis, dass Ermittlungsschritte unterlassen wurden."

Karl will ganzen Akt prüfen lassen
Justizministerin Beatrix Karl will nun den gesamten Akt neuerlich prüfen lassen - vom Rechtsschutzbeauftragten. "Ich vertraue den Staatsanwaltschaften, dennoch soll nicht der leiseste Verdacht von Ungereimtheiten bei den Ermittlungen übrig bleiben. Ich will hundertprozentige Sicherheit", so Karl in einer Aussendung.

Der Rechtsschutzbeauftragte sei unabhängig und weisungsfrei. Sollte auch dessen Prüfung des Ermittlungs-Aktes ergeben, dass alles unternommen wurde, um den Verdacht in Richtung möglicher Mittäter aufzuklären, sind die Ermittlungen der Justiz endgültig abgeschlossen - andernfalls wird der Fall fortgesetzt.

Der Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungs-Ausschuss kann Karl aus Gründen des Opferschutzes nicht viel abgewinnen. Sollte sich das Parlament dennoch entschließen, diese Causa nochmals prüfen zu wollen, sollte nach Karls Ansicht damit der ständige Unterausschuss des Innenausschusses betraut werden: "Dieser ist geheim, wodurch auch der Opferschutz, also vor allem die Rechte von Frau Kampusch an der Wahrung ihres höchstpersönlichen Lebensbereiches, gewahrt werden."

Kritik von Pilz, Stadler
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz und der BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler forderten vehement einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Die Verfahrenseinstellung gegen die Kampusch-Staatsanwälte sei eine "geringe Überraschung", so Pilz in einer Aussendung: "Zum wiederholten Male stellen sich Staatsanwälte gegenseitig Persilscheine aus."

Pilz forderte zudem die Ablöse des Leiters der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Werner Pleischl. In seiner Funktion als zuständiger OStA-Chef habe sich Pleischl als "Regierungsherd in der Justiz" erwiesen, den man "herausschneiden" müsse, so Pilz wörtlich.

Stadler ortete einen "Justizskandal" und "offensichtliche Scheinermittlungen". "Unter dieser laschen ÖVP-Justizführung ist nicht einmal die aktuelle Einstellung verwunderlich. Tatsache ist, dass Fakten einfach wegargumentiert wurden", so Stadler in einer Aussendung.

Adamovich weiter sekptisch
Ludwig Adamovich, der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs und ehemalige Leiter der vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission in der Causa Kampusch, bleibt nach der Verfahrenseinstellung skeptisch. Adamovich, der - wie er Journalisten gegenüber betonte - als "Privatmann und Buchautor" zur Pressekonferenz gekommen war, in der die Niederschlagung des Verfahrens verkündet wurde, sind die vorgeblich offenen Fragen zur Kampusch-Entführung" so, wie's jetzt rausgekommen ist, überhaupt nicht restlos geklärt".

Für ihn sei das Verbrechen "nicht aufgeklärt". Auf die Frage, was genau er den Behörden vorwerfe, meinte er nach einer längeren Pause: "Mein Schweigen muss Ihnen genügen. Ich sage nichts dazu. Die Frage des Amtsmissbrauchs ist eine Sache. Das ist nicht zu beweisen. Dass damit alle offenen Fragen geklärt wären, ist eine zweite Geschichte."
 

 



 

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