Mord wurde von den Geschworenen abgelehnt. Urteil: Neun Jahre Gefängnis.
Nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags wurde ein 24-jähriger Bauarbeiter aus dem Bezirk Tulln am Donnerstag am Landesgericht St. Pölten zu neun Jahren Haft verurteilt. Ein Geschworenensenat unter Vorsitz von Richterin Doris Wais-Pfeffer war nach etwa einstündiger Beratung einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass der Mann sich in einer "allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsregung" dazu hinreißen ließ, seine 26-jährige Ehefrau zu erwürgen. Die bedingte Entlassung nach der Vorstrafe wegen Suchtgifthandels wurde ebenfalls widerrufen. Der 24-Jährige nahm Bedenkzeit, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Geschworene glaubten ihm
Die Geschworenen dürften den
Beteuerungen des Angeklagten, wonach er seine Frau nicht töten habe wollen,
Glauben geschenkt haben. Auch der psychiatrische Gutachter hatte dem
Beschuldigten attestiert, dass eine Tat im Affekt im Bereich des Möglichen
liege. Ebenso lasse sein Verhalten nach der Tat - die Leiche zu verpacken
und den Tag normal zu verbringen - nicht zwingend einen Rückschluss auf
Kaltblütigkeit zu, meinte der Gutachter. Stattdessen könne man es als
infantile Reaktion nach dem Muster "Ich packe es mal weg und tu so, als wäre
nichts geschehen" interpretieren.
Am 30. April 2009 hatte der 24-Jährige seine Ehefrau, von der er damals getrennt lebte, in den Morgenstunden auf eigenen Wunsch von ihrem Freund abgeholt. Die beiden fuhren zu einem Tunnel bei einer Baustelle, wo es zu Geschlechtsverkehr kam, schilderte der Angeklagte. Danach soll das Opfer um eine Wiederaufnahme der Beziehung gebeten haben. Weil er das aber ablehnte, sei es zu einem heftigen Streit - u.a. wegen des Sorgerechts für die beiden gemeinsamen Kinder - gekommen. Die Frau soll dabei fest auf ihn eingeschlagen haben. Aus Enttäuschung darüber, dass er schon wieder auf die 26-Jährige "hereingefallen" war und weil er wollte, "dass das alles einfach aufhört", habe er sie schließlich mit der rechten Hand am Hals gepackt und gegen das Autofenster gedrückt, so der Bauarbeiter.
In Widersprüche verstrickt
An einen möglichen Tod seiner
Frau durch den laut Sachverständigen etwa dreiminütigen Würgeangriff will er
dabei nicht gedacht haben. Im Gegenteil sei er sehr erschrocken gewesen, als
er es bemerkte, betonte er. Er sei hilflos und verzweifelt gewesen und für
einige Zeit "sinnlos" im Tunnel herumgelaufen. Dann packte er die Tote in
eine Werkzeugkiste und fuhr zu seiner Familie in die Steiermark.
Am Rückweg entsorgte er die Handtasche der 26-Jährigen in der Enns, die Leiche warf er bei Hausmening in die Ybbs, wo sie erst über zwei Wochen später in einer Wehranlage gefunden wurde. Zuvor hatten Polizei und Feuerwehr nach dem Fund der Handtasche mehrere vergebliche Suchaktionen mit Leichenspürhunden in der Enns durchgeführt. Bereits einen Tag vor Auffinden der Toten wurde der 24-Jährige, der selbst eine Abgängigkeitsanzeige erstattet hatte, festgenommen. Er hatte sich bei den Einvernahmen in Widersprüche verstrickt.