Ein Drittel der Bediensteten des Militärkommandos Niederösterreich geht in den kommenden fünf Jahren in Pension. Um den drohenden Knowhow-Verlust abzufedern, startet das Heer eine Offensive. Ein „Monat der Lehre“ im November soll speziell junge Menschen anlocken.
Der Altersdurchschnitt bei Offizieren liegt in Niederösterreich bei 54 Jahren, bei Unteroffizieren über 50. Damit spiegelt das Bundesheer die österreichweite demografische Entwicklung wider: Die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1956 und 1969, die "Baby-Boomer“, gehen nunmehr geschlossen in Pension und hinterlassen rasch eine Lücke an Erfahrung und Know-how.
Brigadier Georg Härtinger, Militärkommandant in Niederösterreich, will unter anderem mit einer offensive Personalstrategie gegenlenken. "Wir suchen derzeit Personal, das wir parallel einschulen können. Dafür wurde uns die Möglichkeit eingeräumt, bereits ein Jahr vor dem Ruhestand eines Bediensteten eine Nachfolgekraft einzuarbeiten“, so Härtinger im Gespräch mit noe.ORF.at. Ziel sei, wertvolles Erfahrungswissen im Bundesheer zu bewahren.
Auch Frauen können sich freiwillig zur Musterung melden
Seit Jahresbeginn begannen 927 Kaderanwärterinnen und -anwärter ihre Ausbildung. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Es gibt 36 Lehrstellen in neun Kasernen, elf davon für Frauen. Im zivilen Bereich wurden 150 Arbeitsplätze ausgeschrieben, derzeit sind etwa 20 noch unbesetzt. Im November steht beim Bundesheer das "Monat der Lehre“ im Fokus: Attraktive Lehrberufe und die Option "Lehre mit Matura“ werden gezielt beworben. Jährlich werden rund 8.000 junge Niederösterreicher zur Musterung eingeladen, auch Frauen können sich kostenlos zur Musterung melden und auf jede Stelle bewerben.
Die Berufsvielfalt beim Heer reicht von klassischen militärischen Laufbahnen wie Soldatin bzw. Soldat, Unteroffizier oder Offizier, über technische Berufe – zum Beispiel Elektronikerin, Logistiker, Luftfahrttechniker, Kfz-Mechaniker und IT-Fachkräfte – bis hin zu kaufmännischen, medizinischen und pädagogischen Berufen. Auch Handwerker, Verwaltungsmitarbeiter, Juristinnen, Psychologinnen und zahlreiche Lehrberufe sind vertreten. Auch Kombinationen wie „Lehre mit Matura“ werden angeboten.
Militärmusik bleibt ein Magnet für junge Talente
Kein Nachwuchsproblem hat traditionell die Militärmusik. „Hier bewerben sich etwa drei Mal so viele wie aufgenommen werden können“, erklärt der 55-jährige Kapellmeister Adi Obendrauf. Das symphonische Orchester hat 60 Mitglieder und eine Frauenquote von 25 Prozent, was österreichweit einzigartig ist. Zwei Drittel der Musiker sind für 13 Monate als Grundwehrdiener verpflichtet, der Rest sind Kadersoldatinnen und -soldaten.
Wehrdienst: Diskussion um Verlängerung auf acht Monate
Ein weiterer Ansatzpunkt der Personalstrategie ist die derzeit intensiv diskutierte Verlängerung des Wehrdienstes. Im Raum steht dabei eine mögliche Ausweitung von derzeit sechs auf künftig acht Monate Grundwehrdienst. Eine knappe Mehrheit der Bevölkerung unterstützt laut letzten Umfragen diese Maßnahme.