Leiche weiterhin vermisst

Fall Wastl: Prozess-Start in Wr. Neustadt

Teilen

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Ein Urteil wird am Freitag erwartet.

Was hat sich an dem Tag, an dem die Wiener Neustädter Kindergartenhelferin Heidrun Wastl verschwand, tatsächlich abgespielt? Um diese Kernfrage drehte sich die Befragung des Angeklagten. Vieles blieb aber auch nach den Vorhalten von Geschworenensenat und Staatsanwalt ungereimt. Die 37-Jährige hätte an jenem 28. September 2001 zu Mittag ihren sechsjährigen Sohn von der Schule abholen sollen, stattdessen ließ sie sich auf eine spontane Wanderung mit dem Mann ein, der damals in ihrem Haus „Pfuscherarbeiten“ durchführen hätte sollen.

„Ich kann net, i schaff’s net“, zögerte der Angeklagte zunächst vor den Geschworenen, als er die Ereignisse an diesem Tag schildern sollte. Bei unzähligen Polizeibefragungen hatte er zuvor die Version zu Protokoll gegeben, dass ein tragischer Unfall passiert wäre, als er mit der 37-Jährigen, mit der er nach seinen Angaben „ein sehr freundschaftliches Verhältnis hatte, das rein platonisch war“, in einem Wald in der Buckligen Welt in unwegsamen Gelände herumkletterte.

„Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund versetzte er der direkt hinter ihm kletternden Begleiterin einen Fußtritt gegen den Oberkörper; wodurch diese abstürzte und schwer verletzt am Boden des Grabens zu liegen kam“, steht in der Anklage. Anstatt sich um die Frau zu kümmern, „verließ der Angeklagte den Tatort fluchtartig und ließ die 37-Jährige sterbend zurück“, lautet es weiter.

Vor den Geschworenen tischte er jedoch eine andere Version auf, wonach der Ehemann des Opfers das Unglück ausgelöst haben soll: Dieser sei ihnen gefolgt, weil er eifersüchtig gewesen sei. Dabei kam es zu einer "depperten Remplerei“, bei der der Mann seine Frau unabsichtlich in die Tiefe katapultiert habe. Der Mann habe den Ernst der Lage nicht erkannt und sei weggefahren. Er, der Angeklagte, habe hingegen gesehen, dass die Frau gepfählt worden sei. „Ich hab sie geschüttelt und gerüttelt, aber es gab keine Regung. Für mich war sie tot. Ich hätte Hilfe holen sollen, das hab' ich nie abgestritten. Aber ich war in Panik. Viele helfen in so einer Situation, andere rennen halt weg, so wie ich.“ Mord durch Unterlassung von Hilfeleistung, so wie es der Ankläger sieht, sei das aber nicht. „Die Anklage steht auf wackeligen Beinen. Es gibt nicht einmal Indizien, nur Hypothesen“, erklärte Verteidiger Ernst Schillhammer.

Das Gericht hinterfragte die Glaubwürdigkeit des Angeklagten: Warum hat er fast ein Jahrzehnt lang die Unglücksvariante mit dem Ehemann verschleiert? Warum hat er ein Abschiedsschreiben der Vermissten verfasst? Warum hat er mit verstellter Stimme bei der Polizei einen falschen Hinweis auf den Verbleib der Frau deponiert? Panik und Angst vor dem Ehemann, der ihn bedroht hätte, seien es gewesen. Und: „Wenn man einmal lügt, kommt man net so leicht wieder raus.“

Nach der Mittagspause sollten erste Zeugen zu Wort kommen. Der Prozess wird voraussichtlich nicht am Freitag zu Ende gehen, da der Ehemann des Opfers, der auch als Zeuge einvernommen werden muss, auf Reisen ist.

Die stärksten Bilder des Tages

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.