Neue Erkenntnisse

Ketten-Phantom wollte töten

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Er wollte "alle entführen“ und "bedauert“, nie ein Opfer getötet zu haben: Nun wird klar, wie gefährlich der mutmaßliche Serientäter Svetislav D. ist.

Eines steht für hochrangige Polizisten im Landeskriminalamt Niederösterreich fest: "Mit dem sogenannten Ketten-Phantom wurde einer der gefährlichsten Straftäter festgenommen, die wir in den vergangenen Jahren in Österreich hatten“, sagt Kripo-Chef Franz Polzer gegenüber ÖSTERREICH.

Wie ausführlich berichtet, wurde der Verdächtige am Montag in Belgrad festgenommen. Es handelt sich um den 53-jährigen Montenegriner Svetislav. D.

Ihm werden in Österreich (mindestens) fünf Straftaten zur Last gelegt - darunter drei besonders brutale Überfälle in Wohnhäusern: Der Serientäter überfiel seine Opfer im Schlaf, legte sie in Ketten und bedrohte sie stundenlang mit dem Tod. Seine Beute: Schmuck und Bargeld.

Die Kripo hatte Svetislav D. bereits seit Monaten im Visier: Die brutale Raub-Serie im vergangenen Jahr - eine Bankiersfrau wurde in ihrer Haus-Sauna angekettet, eine weitere Bankerin in der Dusche, ihr Mann wurde kurzfristig entführt - wies Ähnlichkeiten zu Fällen in der Schweiz auf. Im März 1997 war Svetislav D. dort wegen Raubs und Geiselnahme zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Anfang 2008 kam er frei - und reiste zu Verwandten nach Österreich.

Der Verdächtige wurde nach Belgrad gelockt
Doch Ende 2009 - die Polizei war ihm bereits auf der Spur - setzte D. sich nach Montenegro ab. Wo er zwar beobachtet, wegen ungünstiger Auslieferungsvereinbarungen aber nicht verhaftet wurde. Das geschah erst am Montag in Belgrad: Mit einem Trick wurde der 53-Jährige nach Serbien gelockt und von einer Spezialeinheit und heimischen Zielfahndern verhaftet. Svetislav D. wird demnächst ausgeliefert.

Bei Hausdurchsuchungen bei Verwandten in Österreich wurden indes Beutestücke gefunden, die den Tatorten zugeordnet werden konnten: Etwa hatte D. seiner Tochter eine geraubte Brosche und einen Ring geschenkt –-zum Geburtstag. Bei den Durchsuchungen wurde den Ermittlern rund um Helmut Burgsteiner (Raub-Gruppe) und Leopold Etz (Mord-Gruppe) endgültig klar, mit welchem Kaliber sie es zu tun haben: Man fand die Memoiren des Verdächtigen. Der Titel: Ich wollte sie alle entführen. Darin beschreibt D. seine Taten in der Schweiz.

Sarg wartete auf Kidnapping-Opfer

Das erste Mal sah der Jugendliche im damaligen Tito-Jugoslawien schwedische Gardinen. Und brach 1989 erstmals aus. Danach flüchtete Svetislav D. in die Schweiz, wo er noch im selben Jahr gemeinsam mit einem Komplizen den Industriellen Karl Zünd entführte. Der Multimillionär war tagelang in Ketten gelegt. An der Wand war ein blinkendes Elektronikkästchen. Dem Opfer wurde eingeredet, die Attrappe wäre eine Bombe, die bei einer falschen Bewegung sofort in die Luft fliegen würde. In einem nahen Wald wartete ein Sarg, falls die Geldabgabe von 2 Millionen Franken schief gehen sollte. Der Coup scheiterte, das Opfer überlebte, Svetislav kam in Haft, wo er sich 1993 abseilte, um sofort wieder vier betuchte Männer zu kidnappen. Alle Coups platzten.

Zuletzt wollte er sogar den Rechtspolitiker Christoph Blocher oder andere reiche Schweizer (die er aus einer Zeitschrift ausgewählt hatte) entführen. Im März 1997 wurde er gefasst und zu 14 Jahren Haft verurteilt. In der Schweiz galt der Mann, der Kriminalgeschichte schrieb, als „VIP des Strafvollzugs“. Dennoch wird D. vor einem Jahr entlassen - worauf er sein kriminelles Betätigungsfeld nach Österreich verlegte (der Montenegriner hat Verwandte und eine Tochter hier). Kaum im Land, startete er den ersten Ketten-Coup...

Er wollte eines der Opfer in einer Baugrube begraben
"Er schreibt etwa, dass es ihm leid tut, seine Opfer nicht erschossen zu haben“, so Kriminalist Burgsteiner. Auch berichtet er in dem Buch – das seinen beiden Kindern gewidmet ist und von dem es wahrscheinlich nur zwei Exemplare gibt - wie er 1989 ein Entführungsopfer in einer Baugrube begraben wollte.

Niederösterreichs Kripo-Chef Franz Polzer: "Man muss davon ausgehen, dass er auch hierzulande von seiner Waffe Gebrauch gemacht hätte.“

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