Mit einem Schuld- und einem Freispruch hat am Mittwoch am Landesgericht Korneuburg der Prozess um einen tödlichen Bahnunfall geendet.
Zwei Todesopfer und einen Schwerverletzten hat ein Zusammenstoß eines Kleintransporters mit einem Regionalzug am 26. Juni 2007 in Glinzendorf (Bezirk Gänserndorf) gefordert. Zum Unfallzeitpunkt war die Schranken- und Signalanlage wegen eines Defektes nicht in Betrieb. Der Triebwagenführer (36) wurde am Mittwoch am Landesgericht Korneuburg der fahrlässigen Tötung bzw. Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen schuldig gesprochen.
Urteil nichts rechtskräftig
Das Urteil - acht Monate bedingt
und eine unbedinget Geldstrafe von 240 Tagessätzen a 20 Euro - ist nicht
rechtskräftig. Die Verteidigung meldete Berufung an, die Staatsanwaltschaft
gab keine Erklärung ab. Der ÖBB-Bedienstete hatte sich reumütig geständig
gezeigt, den wegen der technischen Störung vor der Fahrt erlassenen
Vorsichtsbefehl - nämlich an der völlig uneinsichtbaren Kreuzung anzuhalten
und vor der Weiterfahrt ein akustisches Signal abzusetzen - schlicht
vergessen.
Freispruch für Fahrdienstleiter
Der zuständige
Fahrdienstleiter (45), der laut Anklage weitere Sicherungsmaßnahmen hätte
setzen sollen, wurde freigesprochen. Laut dem Arbeitsinspektor des
Verkehrsministeriums hätte zwar der eisenbahnrechtliche Bescheid im
Störungsfall dem Vorsichtsbefehl unverzüglich folgend das Aufstellen einer
Stopptafel und auch die Bewachung des Überganges - aus Sicht von Richter
Manfred Hohenecker in der dortigen Situation für die Sicherheit der
Kfz-Teilnehmer absolut notwendig - vorgeschrieben. Diese Regelung sei aber
nicht in der für den Fahrdienstleiter geltenden Betriebsstellenbeschreibung
enthalten.
Bltzschlag störte Stromversorgung
Am Abend vor dem Unglück,
bei dem die Wageninsassen - ein 44-Jähriger und ein zweijähriges Mädchen -
starben, hatte ein Blitzeinschlag die Stromversorgung von insgesamt fünf
Bahnkreuzungen gestört. Vier wurden die Nacht über repariert, die fünfte
Schadensbehebung war zum Unfallzeitpunkt im Gang. Die Stelle mit der
verbliebenen defekten Anlage passierten bis zum Unfall am nächsten Vormittag
insgesamt 32 Züge unter Einhaltung des Vorsichtsbefehls. Einer der
Lok-Führer informierte den Fahrdienstleiter am Wiener Südbahnhof darüber,
dass die Sicht an dieser Kreuzung praktisch null sei.
"Russisches Roulette"
Dort wurde "14 Stunden lang
russisches Roulette gespielt", meinte der Lenker. Der Zug sei "wie aus dem
Nichts von rechts gekommen", als er die Gleise mit etwa 40 km/h übersetzte,
sagte der 57-jährige Landwirt, der die Kollision schwer verletzt überlebt
und dabei seine kleine Tochter verloren hatte. Der Schranken war offen, kein
Rotlicht leuchtete - es war für ihn nicht erkennbar, dass die Anlage nicht
in Ordnung sein könnte. Im nahen Raasdorf gebe es eine ähnlich gefährliche
Situation, wo ein Autofahrer in einem Fall wie diesem ebenfalls "null
Chance" habe.