In Sigmundsherberg (Bezirk Horn) wird gerade über den Bau eines neuen Gemeindezentrums heftig gestritten. Zu groß und zu teuer, sagen FPÖ und SPÖ einmütig. Die mit absoluter Mehrheit regierende ÖVP hingegen hält an den Plänen fest. „Wir können uns das leisten“, ist Bürgermeister Franz Göd überzeugt.
Das ein neues Gemeindezentrum her muss, ist allen Parteien klar, denn: das alte ist vor einigen Jahren abgebrannt – und ohnedies schon in die Jahre gekommen. Das kam so: Im Februar 2021 kam es im Dorfgasthaus mitten im Ort zu einem verheerenden Brand. Der Auslöser dafür dürfte wohl im Ventilatormotor im WC zu suchen gewesen sein. Das Gasthaus gehört schon in dritter Generation der Familie Göd, die heute den Bürgermeister stellt. Beim Großbrand konnte dessen Eltern gerade noch aus dem brennenden Gasthaus gerettet werden.
Darauf hin machte die Waldviertler Siedlungsgenossenschaft WAV den Göds ein Angebot, sie würden das 4.000 m2 große Areal der Familie des Bürgermeisters abkaufen. Darauf sollte ein facettenreiches gemischtes Projekt entstehen. Der Plan wurde in die Tat umgesetzt, denn, darauf beharrt Bürgermeister Göd, der damalige Grundsatzbeschluss wurde einstimmig getroffen. Damals bestand der Gemeinderat allerdings nur aus der ÖVP und der SPÖ. Mittlerweile ist die FPÖ hinzugekommen, und die stellt die aktuellen Pläne in Frage.
Genossenschaft sollte bauen, die Gemeinde zurückkaufen
Die Pläne sehen vor, dass die WAV auf dem Areal ein Gemeindezentrum errichtet, das neben dem Gemeindeamt eine Bücherei, einen Nahversorger, einen Veranstaltungssaal für 200 Personen mit Kinobestuhlung, einen Gastronomiebetrieb und eine Tiefgarage umfassen soll. Zusätzlich will die Genossenschaft 14 Wohneinheiten errichten. Soweit zu den Plänen. Vertraglich vereinbart ist, dass die Gemeinde „ihren Teil" – Gemeindeamt, Bücherei, Saal und Gastronomie – nach der Errichtung von der Genossenschaft zurückkauft. Die Wohnungen sollen im Eigentum der WAV bleiben. Die Gesamtkosten für die Gemeinde würden sich dabei auf ca. acht Millionen Euro belaufen. Fast sechs Millionen Euro davon sollen mittels Darlehen finanziert werden, etwa. 1,7 Millionen über Fördermittel des Landes lukriert werden, Die Kosten für Betrieb, Instandhaltung, Baubegleitung seien hier noch gar nicht enthalten. Der Gemeindeschuldenstand würde dann au 10 Mio. Euro explodieren, so die Kritik der Blauen.
FPÖ-Gemeinderat Thomas Wanitschek, einer von drei blauen Mandataren, kritisiert nun, die Gemeinde müsse über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren jedes Jahr 200.000 Euro zurückzahlen. "Wir werden auf alle Fälle dagegen stimmen, weil wir nicht sehen, wie das in ein Budget reingepackt werden kann.“ Auch der SPÖ, die über fünf Gemeinderäte verfügt, ist das Projekt zu teuer.
Besondere Brisanz hat die Diskussion rund um das neue Gemeindezentrum konkret auch deshalb, weil das Grundstück, auf dem das Zentrum geplant ist, eben der Familie des Bürgermeisters gehört. Die FPÖ spricht von einer "schiefen Optik“ und stellt infrage, warum der Bürgermeister ein Grundstück an eine Genossenschaft verkaufen und die Gemeinde einen Teil des Projekts wieder zurückkaufen soll. Demokratisch möglicherweise bedenklich: Die ÖVP hält in Sigmundsherberg mit elf Mandaten die absolute Mehrheit im Gemeinderat und kann die Aufnahme eines Darlehens für den Bau des Gemeindezentrums somit auch alleine beschließen.
Wie es jetzt weitergeht
Bürgermeister Franz Göd fühlt sich in ein "falsches Fahrwasser hineinmanövriert“ und überlegt, rechtliche Schritte in Betracht zu ziehen. Von einer Bereicherung könne keine Rede sei, so Göd. In seiner Meinung bekomme die Gemeinde ein fertiges Projekt von der WAV und kaufe den Gemeindeteil heraus. Es gebe viele Beispiele in Niederösterreich, so Göd, die belegen würden, dass dieses Modell gut funktioniere.
Die Liegenschaft befindet sich nach wie vor im Besitz der Familie, die Kaufverträge mit der Genossenschaft seien noch nicht unterschrieben, die WAV verfüge aber über eine "Option auf Erwerb“. Um welche Summe an die Genossenschaft verkauft werden soll, wollte der Bürgermeister nicht sagen. Die nächste Gemeinderatssitzung wird mit Spannung erwartet.