Sie redeten nicht lange, sondern packten zu, ÖSTERREICH auf Besuch in einem Ort, in dem Zivilcourage nicht bloß Lippenbekenntnis ist.
Der „Hofwirt“ in Steinhaus bei Wels. Ein idyllischer Gastgarten, grüne Campingsessel mit Schaumstoffauflage, am Tisch sieben halbe Bier, sorgsam auf Bierdeckel gestellt. Es ist Freitagnachmittag, die Hitze macht sich immer stärker bemerkbar. „Prost“, sagt einer aus der Runde und wie ein Echo kommt es zurück. Sieben Biergläser stoßen aneinander, ein Schluck, dann wird weitergeredet.
Zu erzählen hat sich der Stammtisch viel. Seit Donnerstag ist Steinhaus ein bekannter Ort in Österreich. Hier redet man nicht über das Hochwasser, sondern über ein abscheuliches Sex-Verbrechen, das sich hier zugetragen hat.
Das Verbechen
Der Reihe nach: Bei einer Zugfahrt hatten Kerstin
und Annemarie (beide Namen von der Redaktion geändert) einen jungen Mann
kennen gelernt. Man schwatzte, Christian H. lud die Mädchen zu sich in seine
Wohnung ein. ein paar Tage später klingelte es tatsächlich.
Doch das Treffen mit dem Mann wird für die Mädchen, 11 und 15 Jahre alt, zum Albtraum. Der Mann fesselt sie mit einem Kabel, vergewaltigt erst die eine, dann die andere, schlägt sie, bedroht sie, drückt ihnen eine Metallstange an den Hals.
Dolch in der Hand
Dann kann eines der Mädchen fliehen, läuft auf
die Straße, der Täter hinter ihr her. Er hat einen beidseitig geschliffenen
arabischen Dolch in der Hand, brüllt, kommt immer näher.
ÖSTERREICH: Ganz Österreich ist von der Zivilcourage
Ihrer Stammtischgruppe bewegt. Wie ist denn das abgelaufen?
ÖSTERREICH: Wie haben Sie reagiert?
ÖSTERREICH: Er war ja mit einem Messer bewaffnet.
Hatten Sie Angst?
ÖSTERREICH: Hat er sich gar nicht gewehrt?
ÖSTERREICH: Wann ist die Polizei gekommen?
ÖSTERREICH: Sind Sie stolz auf Ihre Zivilcourage? |
Dann sieht die 15-Jährige den „Hofwirt“, stürzt in den Gastgarten, brüllt um Hilfe. „Sie ist einfach da gestanden und hat geschrien“, sagt Rupert Grabner, einer der Helden dieser so außergewöhnlichen Geschichte (siehe Interview).
Sex-Täter
Die Männer kapieren schnell. Sie stürzen auf die
Straße, das Mädchen deutet: „Da unten ist er, bei der Schule.“ Sie rennen
los, halten ein Auto auf. Der Sex-Täter flüchtet ins Unterholz. Aber auf der
anderen Seite wartet schon Rupert Grabner mit seinem Lieferwagen. Der
Fleischhauer drückt Christian H. mit der Stoßstange gegen die Leitplanke.
„Er hat sich nicht gewehrt“, sagt Grabner. „Nur einmal, da wollte er
plötzlich raufen. Aber ich habe ich gesagt: Du, wir sind mehr, überleg dir
das gut.“
Während die Männer des Ortes den Sex-Täter fassen, befreit Monika Grabner das elfjährige Mädchen aus der Wohnung. Behutsam redet sie auf die Geschockte ein. „Sie hat die ganze Zeit geweint und erzählt, wie ihr der Christian eine Eisenstange an den Hans gehalten hat“, sagt Monika Grabner im ÖSTERREICH-Interview (siehe links).
„Oh Gott.“
Die Erzählungen haben sie mitgenommen.
„Wenn man das hört, dann denkt man sich nur: Oh Gott, bitte mach, dass das
nicht wahr ist, mach, dass das nicht stimmt.“
Am Stammtisch redet man jetzt aber vor allem über den Täter (für ihn gilt die Unschuldsvermutung). Ein Sonderling sei er gewesen, oft betrunken, auch von Drogen ist die Rede. Selbst unter Tags sah man ihn immer mit Kapuze über dem Kopf. „Keiner von uns hat gewusst, wovon er eigentlich lebt“, sagt einer. „Gearbeitet hat er jedenfalls nie.“
Schock
Auch vor der Polizei redet Christian H. nicht viel. Was er
sagt, regt auf. „Die Mädchen haben das so gewollt“, sagt er. Gut, dass sie
ihn eingefangen haben.