Nach dem glücklichen Ende von Arigonas Flucht und einem Geheimgespräch mit Innenminister Platter hofft die Familie Zogaj nun, dass die kleinen Geschwister zurück nach Hause dürfen.
Das Treffen von Arigona mit Innenminister Günther Platter nährt die Hoffnung der Familie Zogaj, dass zumindest die beiden kleinen Geschwister von Arigona bald wieder nach Österreich kommen könnten. Es gebe klare Signale, dass Albin und Albona schon in zwei Wochen wieder bei ihrer Mutter Nurie und der Schwester in Oberösterreich sein könnten, heißt es aus der Familie. Sie waren gemeinsam mit ihrem Vater und den großen Brüdern in den Kosovo abgeschoben worden.
„Die Chancen stehen gut, dass zuerst die Kleinen nach Hause kommen und dann ihr“, sagte Nurie zu ihrem Mann bereits nach Arigonas Gespräch mit Landeshauptmann Josef Pühringer. Um diesen Plan nicht zu durchkreuzen, hält sich die Familie über weitere Details in der Causa bedeckt.
Freude in Frankenburg
Nach Arigonas Treffen mit Innenminister
Günther Platter plant Blum nun das weitere Vorgehen. Platter hatte Arigona
versichert, dass es „keinesfalls zu einer unfreiwilligen Rückkehr“ in den
Kosovo kommen werde. Die Freunde in Frankenburg hoffen nun, dass der
Minister seinem Herzen doch noch eine Stoß gibt: „Ich glaube, die Chancen
stehen gut, dass Arigona und ihre Mutter bleiben können“, sagt Raimund
Koberger von der Plattform Land der Menschen. „Aber ob die anderen auch
wiederkommen dürfen, ist fraglich.“ Doch die Freude in Frankenburg wird
durch Schmieraktionen gegen Pfarrer Friedl getrübt.
"Verräter Friedl raus"
Der Pfarrer von Ungenach
Dechant Josef Friedl, der der 15-jährigen Arigona Zogaj nach ihrer Flucht
vor Abschiebung Unterschlupf gewährt, stößt damit nicht auf ungeteilte
Zustimmung. In der Nacht auf Sonntag hat es im Ort eine Schmieraktion
gegeben. Die Friedhofsmauer und drei Busstationen sind betroffen. Lesen
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Arigonas Pressekonferenz
Das Mädchen wird seit Montag von
Pfarrer Josef Friedl in Ungenach (Bezirk Vöcklabruck) betreut. Am Freitag
hat es erstmals eine Pressekonferenz gegeben. Sie habe noch immer Angst vor
einer Abschiebung, erklärte Arigona, einen kleinen Teddybären fest
umklammernd, im bis auf den letzten Platz gefüllten Pfarrsaal. "Der
ist schon kommod", sagte Arigona über den Geistlichen.
Arigona wirkte angespannt, aber gefasst. Lange kam ihr kein Lächeln über die Lippen, erst zum Ende der einstündigen Pressekonferenz vor 60 Journalisten fand sie ihr Lachen wieder. Ganz fest in ihrer Hand hielt Arigona einen kleinen Teddybären. Das Maskottchen sollte ihr Kraft geben, die Fragen zu beantworten.
Von der Schule weg geflohen
"Ich bin in der Schule gewesen.
Da habe ich einen Anruf bekommen, dass die Polizei vor dem Haus meiner
Familie in Frankenburg steht und die Abschiebung erfolgen sollen. Da habe
ich Angst bekommen und bin spontan geflohen." Geplant sei dies nicht
gewesen. "Meine Flucht hat in Oberösterreich begonnen. Dazwischen war
ich einmal in Wien, und dann haben mich Freunde zu Pfarrer Friedl gebracht.
Ich bin ihm für seine Hilfe sehr dankbar."
Video als Lebenszeichen für die Mutter
"Ich habe mich
schlecht gefühlt und die ganze Zeit Angst gehabt." Sie habe nicht
mehr klar denken können, so Arigona. Nachdem sie erfahren habe, dass ihre
Familie abgeschoben wird, sei sie geflüchtet und habe sich alle 24 Stunden
an einem anderen Ort aufgehalten. Schließlich sei sie in Wien untergetaucht.
Das Video von ihr sei als Lebenszeichen für ihre Mutter aufgenommen worden,
berichtete die Schülerin.
Mit ihrer Mutter wollte Arigona so schnell wie möglich zusammentreffen, da die Muslime einen hohen Feiertag begingen, das Fastenbrechen nach dem Ramadan. Doch dieses Treffen solle privat verlaufen und sei angesichts des Medienrummels schwierig zu organisieren, erklärte der Pfarrer. Arigona will so schnell wie möglich wieder nach Frankenburg und in die Schule gehen: „Am liebst’n schon am Montag“, erklärte das Mädchen, das die Pressekonferenz im besten oberösterreichischen Dialekt bestritt.
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Neues Haus für Arigona und ihre Mutter
Freunde hätten schon
ein neues Haus für sie und ihre Mutter organisiert, wo sie abseits des
Rummels zur Ruhe kommen könne, so Andreas Hammertinger, der Nachbar der
Familie in Frankenburg.
„Wir überlegen von Tag zu Tag, wie es weitergeht“, so Pfarrer Friedl. Arigona hat offenbar gutes Vertrauen zu ihm gefunden: „Ich glaube, bei ihm ist sie gut aufgehoben“, zeigte sich Sabine Leitner, eine Freundin der Familie, überzeugt. Sie und die anderen Unterstützer kamen zur Pressekonferenz, um das Mädchen endlich wiederzusehen. „Das wichtigste war, sie jetzt einmal drücken zu dürfen“, sagte Raimund Koberger.
Angst bleibt
Er mache sich Sorgen um sie, denn er habe den
Eindruck, dass es ihr schlecht gehe und ihr Lächeln nicht ehrlich gewesen
sei. „Ich habe immer noch sehr große Angst, abgeschoben zu werden“, so
Arigona. Diese Angst verfolgt sie sogar bis in den Schlaf. Pfarrer Friedl:
„Arigona hat davon geträumt und hat nachts aufgeschrien“.
Pühringer beruhigte sie
Am Sonntag sei ihr schließlich
mitgeteilt worden, dass sie Pfarrer Friedl abholt. Entschieden habe das
nicht sie, sondern jemand anderer. Auf der Autofahrt in der Nacht auf Montag
mit dem Geistlichen nach Oberösterreich "habe ich Angst gehabt,
dass mich die Polizei erwischt". In Ungenach - nicht mehr weit weg von
daheim und von den Freunden - sei es etwas leichter gewesen, erklärte
Arigona. Im Pfarrhof habe sie sich gefreut, dass sich auch eine Frau um sie
kümmere. In der Nacht auf Mittwoch begegnete das Mädchen Landeshauptmann
Josef Pühringer (V). "Du brauchst dich nicht fürchten",
habe dieser gesagt, in den kommenden zwei Monaten - bis zu einer erwarteten
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs - passiere ihr nichts, sei ihr
versichert worden.
Tränen bei Gedanken an Geschwister
Das Mädchen sei
inzwischen innerlich gefasst, berichtete Friedl. Als die Sprache auf ihre
beiden kleinen Geschwister kam, rannten Arigona aber Tränen über das
Gesicht: Sie vermisse ihre Familie sehr, diese solle wieder nach Österreich
kommen, sagte sie. Mit ihrer Mutter, die das Krankenhaus am Mittwoch
verlassen hat, habe sie bereits telefoniert. Im Lauf des Tages oder am
Samstag solle es zu einem Treffen kommen. Sie wolle am liebsten am Montag
wieder in die Schule gehen, eine Friseurausbildung machen und mit ihren
Geschwistern in Österreich leben, sagte Arigona: "Wir waren immer
zusammen."
Träume vom Krieg
Im Kosovo sei sie das letzte Mal vor fünf
Jahren gewesen, erzählte die 15-Jährige, die "ein wenig
albanisch" spricht. Diese Woche habe sie vom Krieg geträumt und dass
sie und ihre Familie abgeschoben werden. Das Mädchen habe in der Nacht
deswegen aufgeschrien, berichtete Friedl. Auf die Frage, ob sie mit
Innenminister Günther Platter (V) reden wolle, sagte sie: "Wenn
mir das hilft, dann schon."