Urteil nicht rechtskräftig

Falsches Bein amputiert: 2.700 Euro Strafe für Chirurgin

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Richter sah grob fahrlässige Körperverletzung gegeben – Urteil nicht rechtskräftig.

Linz. Weil sie im Klinikum Freistadt einem 82-Jährigen das falsche Bein amputiert haben soll, ist am Mittwoch eine Chirurgin im Landesgericht Linz zu 2.700 Euro Geldstrafe, die Hälfte davon unbedingt, verurteilt worden. Sie war wegen grob fahrlässiger Körperverletzung angeklagt worden. Die 43-Jährige gestand lediglich, einen "Fehler gemacht" zu haben, stritt eine "grobe Fahrlässigkeit" aber ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Aufgrund einer Vorerkrankung waren beide Beine des inzwischen verstorbenen Patienten schwer beeinträchtigt. Beim linken sollte daher am 18. Mai eine Oberschenkelamputation durchgeführt werden. Vor der Operation markierte die Angeklagte aber - wie sie zugab - das falsche Bein, was allerdings niemandem auffiel. "Ein schwerer Fehler" von ihr, weshalb sie von einem "menschlichen Versagen" sprach. Erst zwei Tage nach dem Eingriff war beim Verbandswechsel die fatale Verwechslung entdeckt worden.

Verteidiger: "Individuelles Versagen"

Der Verteidiger unterstrich, dass der "schreckliche Fehler" nicht auf ein "individuelles Versagen" zurückzuführen sei, sondern weil das Kontrollsystem nicht funktioniert habe. Für ihn stelle sich somit die Frage "was alles schief gelaufen ist". Er plädierte für eine Diversion für seine Mandantin.

Bereits einige Tage vor dem Eingriff habe sich die Medizinerin anhand der Unterlagen auf den Eingriff vorbereitet. "Ich wusste, dass ich das linke Bein zu amputieren habe", sagte sie. Warum sie vor der OP dennoch das rechte Bein markiert habe, "ich weiß es einfach nicht", wiederholte sie mehrmals. Es hätten aber "Fehler in der OP-Planung stattgefunden, da keine Seitenangaben im Patientenakt angegeben waren, weshalb eine Nachschau nicht möglich gewesen ist", berichtete die Angeklagte von der Analyse des Vorfalles.

Auch das sogenannte Team-Time-Out, die letzte Sicherheitsstufe, die ein Operationsteam vor einem Eingriff beachten muss, griff nicht. Dabei werden u.a. der Patient identifiziert und der Eingriffsort nochmals wiederholt und bestätigt. Das dürfte auch so geschehen sein, aber niemandem sei die falsche Markierung aufgefallen. Warum, blieb im Prozess offen.

Das sagt der Anästhesist

Der Anästhesist schilderte, dass kurz vor dem Eingriff von der Anästhesiepflege die präoperative Checkliste abgearbeitet worden sei, auch er sei hinzugekommen. Er habe dem Patienten den Venenzugang gelegt, die Markierung gesichtet und dort den Nervenkatheter für die postoperative Schmerztherapie gelegt. Auf Nachfrage des Staatsanwaltes, ob beim Team-Time-Out im OP-Saal generell die Richtigkeit von Angaben anhand von Krankenunterlagen geprüft wurde, meinte der Zeuge: "Ein Operateur hat die Unterlagen vorab nochmals anzuschauen."

Im angeklagten Fall der Amputation sei er selber zu Beginn des Team-Time-Out noch nicht im OP-Saal gewesen. Er sei erst hinzugekommen, als offenbar die Abklärung der Markierung - "die Anzeige, was der Chirurg vorhat" - schon vorüber war. Dies sei nicht in Zweifel gezogen worden.

Allerdings räumte er für das Klinikum Freistadt ein, "die Dokumentation war nicht so gut wie heute". Und auch die Chirurgin, die inzwischen in einem anderen Spital arbeitet, meinte: Dort werde das "Team-Time-Out" jetzt ernster genommen.

Schwerwiegende OP

Bei einer derart schwerwiegenden OP hätte die Angeklagte entsprechende Sorgfalt an den Tag legen müssen und "noch ein zweites oder ein drittes Mal hinschauen müssen", so der Richter in der Urteilsbegründung. Das habe er bei ihr vermisst, daher habe er auch "mit dem entsprechenden Augenmaß zu sanktionieren". Außerdem sprach er der Witwe des einstigen Patienten, die sich als Privatbeteiligte dem Strafprozess angeschlossen hatte, 5.000 Euro Schmerzensgeld zu. Staatsanwalt und Verteidiger haben sich Bedenkzeit genommen.

Die Oberösterreichische Gesundheitsholding (OÖG) als Betreiber des Klinikums teilte in einer Aussendung nach der Verhandlung mit, dass nach dem Vorfall "Ursachen und Umstände genau analysiert" wurden. Die internen Abläufe wurden mit dem Team besprochen und Sicherheitstrainings absolviert, so die OÖG.

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