Nach der Abschiebung einer siebenköpfigen Familie aus dem Kosovo gab es am Freitag in Oberösterreich heftige Kritik an Innenminister Günther Platter.
Platter hatte am selben Tag mit Landeshauptmann Josef Pühringer (V) einen Kriterienkatalog für ein humanitäres Bleiberecht ausgearbeitet. Pühringer bedauerte die Abschiebung, die Vereinbarung sei für diesen Fall offenbar zu spät gekommen. Auch die Vorgehensweise der Fremdenpolizei wurde heftig kritisiert.
Gemeinderat gegen Abschiebung
Die Familie lebte seit fünf Jahren
im Bezirk Vöcklabruck und war nach Ansicht der Gemeinde gut integriert. Der
Gemeinderat hatte sich für den Verbleib ausgesprochen, Mitschüler einer
Tochter hatten sogar eine Unterschriftenaktion initiiert. Dennoch war die
Familie am Mittwoch von der Polizei abgeholt worden. Da die 15-jährige
Tochter nicht auffindbar gewesen sei, dürfe die Mutter bis Montag in
Österreich bleiben, um zu klären, wo sich das Mädchen aufhalte, so die
Gemeinde. Die restlichen Familienmitglieder wurden am Donnerstag mit dem
Flugzeug abgesch
Pühringer: "Habe nichts gewusst"
Er habe vorher
nichts von der Abschiebung gewusst, so Pühringer am Freitag. Er habe auch
schon mit dem Innenministerium Kontakt aufgenommen und auf den Fall
aufmerksam gemacht. Absicht wolle er aber nicht unterstellen. Der neue
Kriterienkatalog sei offenbar noch nicht zur Anwendung gekommen, weil das
Verfahren bereits abgeschlossen gewesen sei.
Oberösterreich müsse zum Verfassungsgerichtshof gehen, verlangte der Landessprecher der Grünen, Landesrat Rudi Anschober in einer Presseaussendung. Er werde in der Regierungssitzung am Montag einen entsprechenden Antrag einbringen. "Diese Brutalität, für die Bundesminister Platter die volle Verantwortung trägt und die im klaren Widerspruch zur EU-Rechtspraxis, zur europäischen Menschenrechtskonvention und zur Verfassung und zu einem Minimum an Menschlichkeit steht, ist unerträglich."
Pühringer konterte, er halte nichts von der Idee, mit einem einzelnen Fall vor das Höchstgericht zu ziehen. Der Landeshauptmann verwies auf den nun geltenden Kriterienkatalog.
Einen Abschiebestopp bis Klarheit über die neuen Kriterien herrsche, verlangte die Sprecherin der Plattform für gut integrierte Asylwerber, die Landtagsabgeordnete Gertraud Jahn. Die Betroffenen seien derzeit "mehr verunsichert als hoffnungsfroh" und hätten Angst. "Man hat den Eindruck, der Innenminister macht gerade jetzt die Fremdenpolizei besonders scharf, während er nach Außen hin mit einem neuen Kriterienkatalog das Thema abzuschwächen sucht", vermutet sie. Diese Umstände müssten abgestellt werden, forderte Jahn.