Einweisung

Sturmgewehr-Amokläufer von Linz muss in Anstalt

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Ein 42-Jähriger, der in Linz auf seine Frau eingestochen, auf der Flucht zwei Polizisten niedergefahren und mehrere Autos geraubt haben soll, ist am Donnerstag vom Landesgericht Linz in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden.

Wäre er zurechnungsfähig gewesen, hätte er laut Ansicht der Geschworenen drei Mordversuche, fünf schwere Raube, mehrere gefährliche Drohungen und Verstöße gegen das Waffengesetz begangen.

"Niemand weiß, was in seinem Kopf vorgeht"

Laut dem psychiatrischen Gutachten von Heidi Kastner war er zum Tatzeitpunkt aber nicht zurechnungsfähig und sei weiterhin gefährlich, denn: "Niemand weiß, was in seinem Kopf vorgeht." Er höre Stimmen und habe keine Hemmungen zu tun, was diese ihm anschaffen. Es sei zu befürchten, dass er weitere Taten bis hin zu Tötungsdelikten auch an Unbeteiligten begehen werde. "Von einem signifikanten Behandlungserfolg sind wir ganz weit weg", sah sie keine Alternative zu einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt.

Prozess nach Amokfahrt in Linz
© APA/FOTOKERSCHI/WOLFGANG HOFER
× Prozess nach Amokfahrt in Linz

Die Geschichte des Betroffenen - da er nicht zurechnungsfähig ist, wird er nicht als Angeklagter bezeichnet - ist über weite Strecken unklar, dürfte aber sehr dramatisch gewesen sein: Als Jeside ist er offenbar mit seiner Familie aus dem Irak über die Türkei in Richtung Österreich geflüchtet. Laut seinen Angaben seien die Frau und die Kinder - wie viele ist unklar - im Mittelmeer ertrunken. In Österreich war er mehrmals in Behandlung, weil er depressiv war, später auch, weil er ausrastete, durch Gewalttätigkeit und Trinken auffiel.

Täter ist schwer gestört

In der Beziehung mit jener Frau, die er vor etwa einem Jahr zu töten versucht haben soll, gebärdete er sich ebenfalls aggressiv und extrem eifersüchtig. Seine Eifersucht habe sich zu einem "Wahn" gesteigert, so Kastner "und das ist eine Krankheit". Sie diagnostizierte bei ihm paranoide Schizophrenie und eine dissoziative Störung - das sei der "völlige Verlust der Erinnerung an das Vorige". So wisse er nicht mehr, ob er Kinder hat, obwohl er zuvor jahrelang den Tod seiner Kinder im Mittelmeer beklagt habe.

Kastner geht davon aus, dass die Krankheit zum Tatzeitpunkt bereits "voll im Gange" war. "Es ist auch gut denkbar, dass einige Tathandlungen auf Befehl von halluzinierten Personen erfolgt sind". Was eine Prognose betrifft, so sei damit zu rechnen, dass er auch künftig schwere Straftaten begehen könnte, denn: Wenn er von den Stimmen in seinem Kopf entsprechende Befehle bekomme, "dann macht er es". Dass man bei ihm jemals zu Symptomfreiheit kommen werde, bezweifelt sie.

Blutige Amokfahrt vor einem Jahr

Der Iraker soll am 9. Jänner 2023 frühmorgens seine elfjährige Stieftochter mit einem Messer bedroht, seine Noch-Ehefrau mit der Klinge lebensgefährlich verletzt und anschließend gewürgt haben. Das Mädchen ging dazwischen und dürfte seiner Mutter das Leben gerettet haben.

Danach soll er einen Kollegen seiner Frau mit dem Umbringen bedroht haben. Kurz vor Mittag - es lief bereits eine Großfahndung nach ihm - sei er dann mit dem Auto direkt auf einen Kontrollposten zugerast, so die Anklage. Eine Polizistin und ihr Kollege wurden schwer verletzt.

Amoklauf Linz
© APA/FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
× Amoklauf Linz

Dann soll er sich das Sturmgewehr des bewusstlosen Beamten geschnappt und damit auf mehrere Polizisten und Verkehrsteilnehmer gezielt haben, bis es ihm gelang, ein Auto zu rauben. Nach wenigen hundert Metern baute er damit einen Unfall, versuchte sich neuerlich mit Waffengewalt ein Auto zu beschaffen, wurde aber schließlich von der Polizei überwältigt.

Amoklauf Linz
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× Amoklauf Linz

Der Betroffene war nur in wenigen Punkten geständig. Er berief sich immer wieder auf Erinnerungslücken oder darauf, dass er psychisch krank sei. Sein Anwalt schloss sich im Schlussplädoyer mit einer Ausnahme - einer gefährlichen Drohung - den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an. "Die Krankheit meines Mandanten ist keine Verteidigungsstrategie, sondern eine Tatsache."

Geschworene (fast) einig

Die Geschworenen werteten die Attacke auf die Frau mit 7:1 als Mordversuch. Einstimmig sahen sie Mordversuche an den beiden Polizeibeamten, gefährliche Drohungen gegen die Stieftochter, den Arbeitskollegen seiner Frau, mehrere Polizeibeamte und Verkehrsteilnehmer sowie mehrere Raube von Fahrzeugen und Verstöße gegen das Waffengesetz erfüllt. Einstimmig wurde auch die Frage nach der Zurechnungsunfähigkeit bejaht. Das Gericht wies den Iraker in ein forensisch-therapeutisches Zentrum ein. Das Urteil ist rechtskräftig.

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