Opfer-Anwalt spricht

Skandal kann Kirche 24 Millionen kosten

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Laufend melden sich neue Opfer bei der „Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt“.

Der Anwalt Werner Schostal sitzt in seiner Wiener Kanzlei hinter einem Schreibtisch voller Aktenberge. „Ich habe geahnt, dass sich sehr viele Betroffene bei uns melden“, sagt er. „Aber ich habe nicht gedacht, dass es so viele in so kurzer Zeit sind.“

Am 19. März hat Schostal die „Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt“ ins Leben gerufen – er will Opfern kirchlicher Gewalt eine juristische Plattform geben, ihnen helfen. Und wenn es nicht anders geht, die Kirche im Namen der Opfer anklagen.

„Ich verurteile, was da passiert ist. Am schlimmsten finde ich, dass das alles unter dem Deckmantel der Kirche geschah.“ Waren es am ersten Tag noch zehn Opfer, die sich der Plattform angeschlossen haben, sind es dieser Tage mehr als 150. „Ein paar wollen einfach nur reden, ihre Geschichte loswerden. Die meisten werden sich aber einer Klage anschließen.“

Eigentlich strebt Schostal eine außergerichtliche Lösung mit der Kirche an. Klappt das aber nicht, folgt die Klage – und da kommt auf die Kirche einiges zu.

Opfer-Anwalt: „Chancen für Opfer stehen gut.“
„Bei jahrelangem Missbrauch sind 80.000 Euro angemessen. Es handelt sich jedoch um einen Sockel-Betrag. Je nachdem, ob es um körperliche, sexuelle und psychische Gewalt handelt, kann die Forderung theoretisch auf 160.000 Euro pro Opfer steigen“, sagt Schostal. Er hatte auch schon Anrufe von Betroffenen, die 150.000 Euro Entschädigung fordern, weil eine Therapie 70.000 Euro jährlich kostet.

Der Missbrauchs-Skandal könnte die Kirche somit bis zu 24 Millionen Euro kosten
Nun wird einmal bei jedem Opfer der Sachverhalt geklärt. „Das wird Wochen dauern.“ Ein entscheidender Punkt ist, ob der Missbrauch schon verjährt ist oder nicht. Noch vor dem Sommer könnte es zur Sammelklage durch einen Verein kommen oder jede Einzelperson klagt nebeneinander. „Theoretisch ist eine Millionenklage möglich“, sagt Schostal. Und: „Die Chancen stehen gut, sonst hätten wir das nicht gemacht.“ Heute wird die weitere Vorgehensweise bekannt gegeben.

ÖSTERREICH: Warum haben Sie die Plattform für die Opfer gegründet?
Werner Schostal: Ich verurteile, was da passiert ist. Am schlimmsten ist, dass der Missbrauch jahrelang unter dem Schutzmantel der katholischen Kirche geschah.
ÖSTERREICH: Wie können Sie den Opfern helfen?
Schostal: Zuerst versuchen wir, mit der Kirche eine außergerichtliche Lösung zu finden. Klappt das jedoch nicht, folgt die Klage.
ÖSTERREICH: Welche Summe an Entschädigung steht den Opfern kirchlicher Gewalt zu?
Schostal: Jeder Fall ist unterschiedlich. Es kommt darauf an, ob körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt bzw. alle zusammen angeklagt werden. Die Forderungen für jahrelangen Missbrauch gehen bei mehreren 10.000 Euro los. Weil es sich um einen Sockel-Betrag handelt, sind auch höhere Summe möglich.
ÖSTERREICH: Um welche Summe handelt es sich dabei?
Schostal: Ab 80.000 Euro – dieser Betrag kann auf das Doppelte wachsen.
ÖSTERREICH: Wie viele Opfer haben sich der Plattform schon angeschlossen?
Schostal: Rund 150 Opfer. Wir gehen davon aus, dass das lange nicht alle sind. Wenn sich der Großteil aller Betroffenen in Österreich der Klage anschließt, sind das theoretisch mehr als 1.000 Ankläger.
ÖSTERREICH: Wie hoch ist dann der Klagswert?
Schostal: Eine Millionenklage ist dann möglich.
ÖSTERREICH: Wann wird die Klage eingebracht?
Schostal: Wir werden noch zuwarten, wie viele Opfer sich noch bei uns melden.
(prj)

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