Prozess in Graz

21-Jähriger missbrauchte zwei Frauen

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Gericht erkannte keine Vergewaltigung unter Einsatz von K.o-Tropfen.

Ein 21-jähriger Afghane, der sich am Donnerstag am Straflandesgericht Graz wegen vierfacher Vergewaltigung verantworten musste, ist zu 20 Monaten Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch erfolgte jedoch nicht entsprechend der Anklage, sondern wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person in zwei Fällen. Das Schöffengericht hatte Zweifel an den Vergewaltigungen. Der Angeklagte bat um Bedenkzeit. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Nachdem am zweiten Prozesstag zu Beginn unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, ließ Richterin Angelika Hacker dann für weitere Zeugenbefragungen auch wieder Medien zu. Ein Ermittler und ein Freund des Angeklagten entlasteten den 21-Jährigen. Am Nachmittag wurden den Schöffen auch noch Kurzmitteilungen auf dem Mobiltelefon des Afghanen als Beweis vorgelegt, aus denen deutlich hervorging, dass die Opfer entgegen ihren Aussagen sehr wohl noch nach den mutmaßlichen Vergewaltigungen Kontakt zu ihrem vermeintlichen Peiniger hatten. Teilweise formulierten die Mädchen sogar "Bussis" als Abschiedsgruß.

Die Vorfälle sollen sich von Sommer 2010 bis Sommer 2011 in Graz zugetragen haben. Der junge Afghane kannte alle vier jungen Frauen gut. Die Taten sollen immer nach dem gleichen Muster abgelaufen sein: Zuerst rauchte der Angeklagte mit seinen Besucherinnen in seiner Wohnung Cannabis, dann soll er ihnen Alkohol zu trinken gegeben haben. Alle vier schilderten, dass sie sich danach plötzlich nicht mehr bewegen konnten und der 21-Jährige dies ausnützte, um mit ihnen sexuell zu verkehren. "Sie konnten sich überhaupt nicht wehren oder rühren", schilderte Staatsanwältin Eva Pachernigg in ihrer Anklage.

In ihrem Schlussplädoyer musste die Staatsanwältin jedoch eingestehen, dass die Ermittlungen keine objektiven Beweise für die Vergewaltigungen und den Einsatz von K.o.-Tropfen brachten; dem stellte sie die vier ähnlichen belastenden Aussagen der Opfer gegenüber. Verteidigerin Christine Lanschützer glaubte dafür die Motive zu kennen: Um verschmähte Liebe und Angst vor den Eltern, die erfahren könnten, dass ihre Mädchen bekifft und betrunken freiwilligen Sex mit einem Afghanen hatten, sei es gegangen.

Das Schöffengericht erkannte im Urteil Zweifel an der Glaubwürdigkeit von zwei der vier Frauen und sprach den Angeklagten in diesen Fällen frei. Bei den beiden anderen beiden kam es zum Schluss, dass keine "K.o.-Tropfen" im Spiel waren, sondern der 21-Jährige den berauschten Zustand der Mädchen ausgenutzt hatte. Darum erfolgte die Verurteilung auch nicht wegen zweifacher Vergewaltigung, sondern wegen zweifachen sexuellen Missbrauchs wehrloser Personen.
 

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