Seit Mittwoch gilt in Graz ein Handy-Verbot in Straßenbahnen und Linienbussen. Aber ein Lokalaugenschein zeigt: Keiner hält sich dran.
Manchmal im Leben ist man das Denkmal, manchmal die Taube – der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl hat das am Mittwoch mit Schrecken bemerkt. Denn mit einem Handy-Verbot in allen Öffis der steirischen Hauptstadt wollte sich das fesche Oberhaupt ein Denkmal setzen. Bloß: Schon am ersten Tag stellten sich nahezu alle Bürger taub. Und jetzt steht Nagl so bekleckert da wie manche Politiker-Standbilder in Parks mit starker Taubenfrequenz.
Zahnlos
Mittwoch war der „Welttag gegen den Lärm“. Passend daher,
dass ab 00.00 Uhr das Handy-Verbot an der Mur schlagend wurde. Gleichsam als
Vorbild für andere Landeshauptstädte, weil ständiges Klingeln und lautes
Geschwätz in Linienbussen und Tram besonders ältere Fahrgäste stören.
Empfehlung
Allerdings ist das Verbot zahnlos, weil es nicht
einmal ein Gebot ist, sondern bestenfalls eine Empfehlung. Verstöße werden
nicht bestraft, schlimmste Sanktion ist eine Ermahnung durch den Fahrer.
Nicht einmal Handy-Schwarzkappler patrouillieren, um zu kontrollieren. Und
„natürlich wird auch niemandem das Telefon weggenommen“, so Stadtvater Nagl
gütig: „Es geht nur darum, Fahrgäste zu mehr Rücksicht aufeinander zu
erziehen.“
Schwer erziehbar
Doch der erste Tag der Praxis zeigt: Grazer
Öffi-Passagiere sind augenscheinlich schwer erziehbar. Denn bei einem
ÖSTERREICH-Lokalaugenschein in den Straßenbahnlinien 1, 3 und 7 war von
einem Kommunikations-Knick nichts zu merken. Überall läuteten Handys,
überall wurde angewählt, abgehoben und laut geplaudert, als gebe es keine
stille Zeit. Nicht ein einziger Fahrer schritt ein. Und auch von
Bürgermeister Nagl war nichts zu sehen.
Was daran liegen mag, dass er einen Sonderzug buchte, um seine Anti-Handy-Kleber vorzustellen. Aber sogar beim großen Auftritt gab es für Nagl Opposition: BZÖ-Chef Gerald Grosz telefonierte trotzig.