Es war sein zweiter Suizidversuch. Er war Kronzeuge in einem Mordfall um einen Lehrer.
ÖSTERREICH-Leser kennen die Vorgeschichte: Anfang des Monats packte Abdurrahim Polat, der 2004 zu 20 Jahren Haft wegen Mordes an seinem Quartiergeber Roland Antovic verurteilt worden war, aus – und erzählte nun eine ganz andere Version der Blutnacht, in der Antovic nach 80 Messerstichen starb. Demnach habe nicht der zum Tatzeitpunkt 23-jährige Kurde das Mordopfer getötet – sondern sein Mentor in Glaubensfragen, Johann W., ein Zeuge Jehova sowie Englisch- und Französischlehrer auf der Grazer Eliteschule, dem Akademischen Gymnasium (für den Professor gilt natürlich die Unschuldsvermutung).
Schweigegeld
Doch es kam noch wilder: Als Beweis für seine
Aussagen gab der in Graz-Karlau einsitzende Häftling an, vom Professor
Schweigegeld kassiert zu haben. 50.000
der von Johann W. versprochenen 300.000 Euro habe der Kurde bereits erhalten.
Häf’nkonto
Dann die Bombe: Tatsächlich konnten die
Ermittler nachweisen, dass Johann W. regelmäßig hohe Beträge auf das
Häf’nkonto des Karlau-Insassen und noch mehr Geldbeträge an türkische
Verwandte überwiesen hatte. Der Professor (dessen Frau vor Jahren im
religiösen Wahn verhungert ist) wurde festgenommen. Vergangenen Montag wurde
wegen dringendem Mordverdacht die U-Haft verlängert.
Gutachten
Johann W. ist nicht geständig. Und der Professor soll
derart wirre Angabe machen, dass sich die Justiz gezwungen sieht, ihn
kommende Woche nach Feldkirch in Vorarlberg zu überstellen, damit der
renommierte Kriminalpsychologe Reinhard Haller vor Ort ein Gutachten
erstellt.
Pulsadern
Indes schmiss der Kronzeuge Abdurrahim immer wieder die
Nerven weg. Vor zwei Wochen schnitt er sich die Pulsadern auf, konnte aber
gerettet werden. Seitdem lag er strengstens bewacht auf der Krankenstation.
Vergangenen Freitag hatte er ein Gespräch mit dem Anstaltspsychologen, das
so gut verlief, dass der Kurde in ein Dreibett-Zimmer verlegt werden konnte.
Doch am Nachmittag ging er mit einem Handtuch in die Dusche...
Eine Woche Koma
Die beiden Mitgefangenen und der Gefängnisarzt
konnten den Erhängten zwar noch ins Leben zurückholen. Doch nach einer Woche
Koma starb der Zeuge Jehova im LKH Graz. Eine erste Obduktion zeigte kein
Fremdverschulden, dennoch nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.
Durch den Tod des Kronzeugen ändert sich übrigens nichts am Verfahren gegen Johann W. Sämtliche Aussagen gegen ihn sind schriftlich festgehalten und werden beim Prozess verlesen.