Laut Gutachterin

Stiefbruder erschossen: Zweifel an Angaben des Bankers

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Die Blutspuren-Analytikerin konnte diese aber nicht explizit widerlegen.

Die Blutspuren-Analytikerin Silke Brodbeck hat am zweiten Verhandlungstag im Mordprozess gegen den Banker, der seinen Stiefbruder erschossen hat, den von diesem geschilderten Tathergang angezweifelt. Die Blutspuren am Hemd des Getöteten, dessen Körper- und Kopfposition, die Blutspuren am Tisch und der Schusskanal würden gegen die Angaben des Angeklagten sprechen, so die Gutachterin.

Widerlegen konnte Brodbeck am Dienstag im Landesgericht Korneuburg die Darstellung des Angeklagten aber nicht. Sie operierte mit Hypothesen und Wahrscheinlichkeiten, wobei sie ihre Hypothese, derzufolge sich der Angeklagte bei der Schussabgabe an einer anderen als der von ihm beschriebenen Stelle befunden haben muss, für "eher wahrscheinlich" hielt. Explizit ausschließen konnte sie die vom Banker behauptete Sitzposition aber nicht.

Schuss unabsichtlich gelöst?

Der Wiener Banker behauptet, der Schuss, der Eric J. (42) das Leben kostete, hätte sich unabsichtlich gelöst, als er diesem seine Glock-Pistole zeigte. Der Angeklagte spricht von einem Schießunfall, wobei der 45-Jährige seinem Stiefbruder am 18. September 2015 in seiner Wohnung in Wien-Währing in der Küchenzeile gegenüber gesessen sein will. Die beiden Barhocker, auf denen die Männer saßen, sollen sich direkt zugewandt gewesen sein.

Brodbeck geht - ausgehend von Tatortfotos mit der Leiche - demgegenüber davon aus, dass sich Eric J. zum Zeitpunkt der Schussabgabe etwas links zum Küchentisch, in seiner Nähe befindlichen Laptop ausgerichtet hatte. Sie ist überzeugt, dass sich der Laptop in aufgeklapptem Zustand vor dem Getöteten und nicht - wie vom Angeklagten angegeben - hinter dem 45-Jährigen befunden haben muss. Dafür würden einzelne Blutspritzer am Laptop sprechen.

Blutspuren-Analyse

Dass das weiße Hemd, das der Getötete trug, rechts oben und kopfnahe überhaupt kein Beblutung und dass der Küchentisch trichterförmige Blutspuren aufwies, interpretierte Brodbeck dahin gehend, dass der Schütze "eher nicht" vor dem Küchentresen dem Stiefbruder gegenüber gesessen sein dürfte. Gegen eine Position seitlich oder hinter dem Tresen sprechen allerdings beidseitig gleichmäßige Schmauchspuren an der Jogginghose, die der Angeklagte trug. Diese waren an den Oberschenkeln nachzuweisen und nahmen kniewärts ab.

Die Verhandlung wird am Mittwoch um 8.30 Uhr fortgesetzt.

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