Landesregierung vollzog mit Erhöhung Kehrtwende.
Tirol. Nach einer entgegen ursprünglicher Sparpläne angekündigten Erhöhung der Behindertenhilfe-Tarife durch die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hat die Opposition den Regierungskurs kritisiert. Die FPÖ verurteilte einen georteten "Schlingerkurs" von ÖVP und SPÖ am Mittwoch als "Armutszeugnis". Die Liste Fritz forderte Weitblick, die Grünen sahen "das reinste Regierungschaos". Die NEOS kritisierten die für 2026 angekündigte Erhöhung der Tarife um 1,5 Prozent als "Alibi-Aktion".
Eine "massive Verunsicherung" der betroffenen Einrichtungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ortete der Tiroler FPÖ-Klubobmann Markus Abwerzger in einer Aussendung. Durch den Kurswechsel hätten Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und dessen "Beiwagerl" Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth (SPÖ) "auch das Vertrauen der Bevölkerung verspielt". "Wer zuerst bei den Schwächsten sparen will und dann zurückrudert, hat jedes moralische Fundament verloren", nahm Abwerzger auch speziell die SPÖ in die Pflicht.
Liste Fritz fordert "Weitblick statt Kehrtwenden"
Die Liste Fritz forderte wiederum "Weitblick, nicht Kehrtwenden im Wochentakt" in der Sozialpolitik. "Plötzlich will niemand mehr von Kürzungen gewusst haben. Und ÖVP und SPÖ präsentieren sich als 'Retter der Nation'", kritisierte Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider. Die nun vollzogene Kehrtwende dürfe jedenfalls keine kurzfristige Beruhigungsmaßnahme bleiben, betonte die Landtagsabgeordnete.
Für den Grünen-Klubobmann Gebi Mair gab die ÖVP/SPÖ-Koalition zuletzt ein "desaströses Bild" ab: "Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte macht." Jedenfalls habe die Landesregierung "in den letzten zwei Wochen derart chaotisch agiert, dass alle verunsichert sind", pflichtete ihm die Landtagsabgeordnete Zeliha Arslan bei. Ob die Finanzierungszusage halte und den tatsächlichen Bedarf im Behindertenbereich abdecke, war für die Tiroler Grünen indes noch offen.
NEOS: "Keine echte Unterstützung"
Die Tiroler NEOS wiederum sahen in der nun angekündigten Erhöhung "keine echte Unterstützung". Viele Einrichtungen würden noch immer "ums Überleben kämpfen", wurde Klubobfrau Birgit Obermüller in einer Aussendung zitiert. Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) habe die Kürzungen angekündigt. "Jetzt eine minimale Erhöhung als Rettungsschirm zu verkaufen, ist respektlos", kritisierte Obermüller: "Wer Menschen mit Behinderung wirklich ernst nimmt, sorgt für stabile, faire Finanzierung und langfristige Planungssicherheit".
In einer ersten Einschätzung gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" (Mittwoch-Ausgabe) sprach Ludwig Plangger, Obmann des Dachverbands der Behindertenhilfe-Organisationen ARGE Sodit, indes von offenbar erfolgreichem Druck auf die Landesregierung: "Die Politik hat offensichtlich verstanden." Es sei zumindest ein "erster Schritt" getan. Man werde die neuen Entwicklungen am Donnerstag in einer außerordentlichen Vorstandssitzung beraten.
Landesregierung ruderte zurück
Die Landesregierung hatte am Dienstag eine Erhöhung der Tarife in der Behindertenhilfe um 1,5 Prozent für das kommende Jahr angekündigt, nachdem man zuvor noch Einsparungen geplant hatte. Die nun doch vollzogene Erhöhung werde durch Einsparungen in anderen Bereichen und eine absehbar höhere Dividende des landeseigenen Energieversorgers Tiwag ermöglicht, hieß es in einer Aussendung. Das Budget der Behindertenhilfe steige somit auf 253,7 Millionen Euro (2025: 227,8 Millionen Euro). Zuvor hatte man noch Sparpläne in dem Bereich verteidigt. Dies führte zu harscher Kritik aus dem Sozialbereich, zuletzt seitens der Lebenshilfe Tirol.