Nach reichlich Tee mit Rum:

Türkinnen in U-Bahn mit Stanley-Messer bedroht

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Angeklagte: "Bin eigentlich a Nette" - Strafverfahren diversionell erledigt.

Weil sie am 9. Dezember 2016 in einer U-Bahnstation ein Stanley-Messer gezückt und damit zwei türkisch stämmige Frauen bedroht haben soll, hat sich eine 59 Jahre alte Frau am Dienstag im Landesgericht verantworten müssen. "Ich bin nicht so auf die Welt gekommen. Ich bin eigentlich a Nette", versicherte die Pensionistin.

Laut Anklage hatte die Frau in einer überfüllten U4 zunächst die Türkinnen beschimpft, was sie vor Richter Hartwig Handsur auch zugab: "Ich hab' geschimpft. Geflucht. Aber das mit dem Messer, das war ich nicht. Das ist nicht meine Art. So fett - Sie wissen, was ich mein' - war ich nicht." Sodann berichtete die 60-Jährige, sie habe damals das Grab ihres verstorbenen Mannes besucht: "Ich bin vom Friedhof gekommen. Es war halt sehr kalt. Da hab ich was getrunken beim Wirten. Ein schöner, alter Wirt. Durch meinen Beruf bin ich leider zur Alkoholikerin geworden. Ich hasse es."

Mehr als 30 Jahre habe sie in der Gastronomie gearbeitet, erfuhr der Richter: "Seither ist Alkohol mein ständiger Begleiter". Sie habe beim Wirten "sehr viel Tee mit Rum getrunken". Es sei "wirklich schweinekalt" gewesen. Als sie der Richter darauf hinwies, dass es Fotos aus der Überwachungskamera gebe, auf denen sie eindeutig mit einem Stanley-Messer in der Hand zu sehen sei, rief die Angeklagte: "Geh, hören'S auf! Das ist nicht meine Art." Ansehen wollte sie sich die Fotos allerdings nicht.

Mit vereinten Kräften versuchten der Richter und Staatsanwalt die Angeklagte dazu zu bringen, zumindest ansatzweise ein Geständnis abzulegen, um der bisher Unbescholtenen eine diversionelle Erledigung anbieten zu können. Die 59-Jährige wies das zunächst schroff zurück. "Wollen Sie mich noch mehr diskriminieren? Ich genier' mich eh schon in Grund und Boden", blaffte sie den Staatsanwalt an.

Auf den wiederholten Hinweis, dass sie bei einer Übernahme der Verantwortung ohne Verurteilung davonkommen könne, gab die Angeklagte schließlich zu Protokoll, ihr sei aufgrund ihrer damaligen Alkoholisierung möglicherweise entfallen, dass sie das Messer in der Hand hatte. Damit entging sie einer Strafe. Auf richterliche Weisung bekam sie einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und muss sich einer Gesprächstherapie unterziehen. Falls sich die 59-Jährige innerhalb der nächsten zwei Jahre nichts zuschulden kommen lässt, wird die Anzeige endgültig zurückgelegt.

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