Wien

Mutmaßliche Mafia-Paten streiten alles ab

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Die Georgier sollen für 30% aller Einbrüche in Wien verantwortlich sein.

Lächelnd und feixend haben sich am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht zwei mutmaßliche Paten der georgischen Mafia präsentiert, denen Staatsanwalt Ewald Stani Geldwäsche und die Bildung einer kriminellen Organisation vorwarf, die laut Anklage im großem Umfang erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft nehmen wollte und die allein in der Bundeshauptstadt hinter 30 Prozent aller seit 2009 begangenen Einbrüche stehen soll.

Verteidiger: "Nebulöse Vorwürfe"
Die Angeklagten stellten das als weit hergeholt und inhaltlich unrichtig in Abrede und schienen sich über die wider sie erhobenen Anschuldigungen nachgerade zu amüsieren. Ihre prominenten Verteidiger Rudolf Mayer und Elmar Kresbach sprachen von "nebulosen Vorwürfen", orteten einen "Beweisnotstand der Anklage" und ein "Vermutungsstrafrecht". "Wenn das die Mafia sein soll, leben wir in einer glücklichen Welt", sagte Kresbach.

Bei Zaali M. alias "Glechowitsch" (43) und Antipov G. (41) alias "Alphason" soll es sich um "Diebe im Gesetz" handeln, eine Funktion, die vom organisierten Verbrechen bereits in der frühen Sowjetzeit in den russischen Gefängnissen und Gulags ausgebildet wurde. Diese "Diebe im Gesetz", die sogar formal gekrönt werden, führen nach einem eigenen Kodex mafiöse Verbrecher-Banden an, üben innerhalb dieser eine Art Rechtsprechung aus und dürfen keiner geregelten Beschäftigung nachgehen. Sie leben von einer gemeinschaftlichen Kassa ("Obshak"), die von den erbeuteten Einkünften ihrer "Soldaten" gespeist wird.

Geldwäsche in großem Stil
Im Frühjahr 2010 konnte im Zuge der federführend von den spanischen Behörden betriebenen "Operation Java" der europaweit operierenden georgischen Mafia ein erheblicher Schlag zugefügt werden. In sechs Staaten wurden 85 Verdächtige verhaftet, in Wien konnten nicht nur die beiden mutmaßlichen Paten des Österreich-Ablegers dingfest gemacht werden, sondern auch Rudiko G., der vor über 15 Jahren angeblich in ein geplantes Attentat auf einen der reichsten Georgier, den Neffen des georgischen Ex-Präsidenten Eduard Schewardnadse, involviert war und sich für die beiden Bosse zuletzt als Geldkurier und Organisator verdingt haben soll, und Merab B. Dieser soll in großem Stil Geld gewaschen haben, indem er die Beute aus Einbruchsdiebstählen bei internationalen Sportwetten-Anbietern vermehrte. Die beiden teilten nun mit den mutmaßlichen Paten die Anklagebank.

Wie der Staatsanwalt ausführte, sollen "Glechowitsch" und "Alphason", der ersteren allmählich von der Spitze verdrängte, in Österreich mehrere Verbrecher-Brigaden befehligt haben. Eine war demnach in Oberösterreich tätig und auf Supermarkt-Einbrüche spezialisiert, wobei stets Tresore geknackt wurden. Es gab auch eine rein auf Ladendiebstähle beschränkte Bande. In Wien-Leopoldstadt wiederum war laut Anklage eine Wohnungseinbrecher-Gang beheimatet. Im Zuge einer Hausdurchsuchung konnten in einer "Bunkerwohnung" über 30 Kilogramm Modeschmuck sichergestellt werden.

Nur einfache Geschäftsmänner?
"Was anklagbar ist, ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs", betonte Stani. Im Strafantrag fanden sich nämlich nur kleinere Transaktionen, die lediglich bei "Alphason" die 50.000 Euro-Grenze überstiegen. Von Auszahlungen aus der spanischen "Obschak" über Western Union-Überweisungen und ausländische Kreditkarten war da die Rede, von Angst, die der 41-Jährige unter seinen "Soldaten" verbreitet haben soll.

"Alphason" schüttelte darob den Kopf: "Ich sitze seit einem Jahr in U-Haft und weiß nicht warum." Er sei ein seriöser Geschäftsmann. In dieselbe Kerbe schlugen die übrigen Angeklagten. "Glechowitsch" räumte zwar ein, keinen Beruf zu haben, doch sei er kein Verbrecher und schon gar kein "Dieb im Gesetz". Die Dritt- und Viertangeklagten präsentierten sich als Betreiber eines Damenmode-Geschäfts bzw. eines auf georgische Spezialitäten fokussierten Lokals.

Die Verhandlung wird frühestens am kommenden Freitag zu Ende gehen.

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