Wer wirklich für einen Wechsel an der SPÖ–Spitze ist. Ludwigs Rolle und Kerns Comeback.
„Es wird so ausgehen, wie immer bei uns. Fast alle sind gegen Andreas Babler. Keiner wird ihm das offen sagen und dann wird er bei unserem Parteitag brutal gestrichen werden“, eine Einschätzung, die man dieser Tage extrem oft von roten Spitzenpolitikern zu hören bekommt.
- Babler greift jetzt nach den Habsburger-Juwelen
- Auch das noch: Babler von Meinl in der Kanzlerfrage überholt
- Vizekanzler Babler baut Ministerium um
Sind aber wirklich 8 von neun SPÖ–Länderchefs gegen Andreas Babler als SPÖ–Vorsitzenden, wie zuletzt aus der SPÖ immer wieder kolportiert?
Neun von neun Ländern gegen Babler, aber…
Nein. Neun von neun Länderchefs der SPÖ sind an sich der Meinung, dass der rote Vizekanzler nicht der richtige für den Job sei. Auch Wiens SPÖ–Bürgermeister Michael Ludwig hatte ihn beim Kampfparteitag 2023 nur unterstützt, weil er Hans Peter Doskozil als noch ungeeigneter für die SPÖ–Spitze empfand.
Danach hat sich der mächtige Wiener Rote freilich aus allen Bundesgremien der SPÖ zurückgezogen.
Verhindert also wirklich Ludwig eine Rückkehr von Ex–SPÖ–Kanzler Christian Kern an die Spitze der SPÖ wie derzeit unfassbar viele Sozialdemokraten erzählen?
Ludwig will kein Comeback von Kern, aber…
Ja und nein. Dass der Wiener Bürgermeister ebensowenig wie ein Teil der Gewerkschaft eine Rückkehr von Kern wünschen, ist ein offenes Geheimnis in der SPÖ. Der Ex–Kanzler und Ludwig treffen sich zwar regelmäßig, aber die Skepsis dürfte bleiben.
Aber: Die Wiener SPö könnte Kern jetzt ebensowenig verhindern wie 2016. auch damals waren die Wiener nicht für Kern. Und 2018 waren die Wiener nicht für Pamela Rendi–Wagner. Das änderte sich erst später.
Mehrheit im SPÖ–Vorstand kann Gegen–Kandidaten nominieren
Wenn also zunehmend SPÖ–Funktionäre ätzen, dass „schon wieder Ludwig und die Wiener eine Ablöse Bablers verhindern“, dann stimmt das nur bedingt. In einem SPÖ–Vorstand bräuchte es nur eine Mehrheit um einen weiteren Kandidaten – neben Babler – zu nominieren.
Dass Babler Christian Kern angerufen hat, um sich von diesem versichern zu lassen, dass er kein Interesse an einem Comeback habe, findet ein roter Spitzenpolitiker „fast schon herzig. Was hat er geglaubt? Dass Christian sagt: Ja, ich will Deinen Job.“.
Nur dann käme Kern zurück
Im kleinen Kreis hat der heutige Manager wiederholt gesagt, dass er unter „diesen Vorraussetzungen“ – gemeint ist, ohne Unterstützung der Wiener Roten und mit Pouvoir den Kurs zu entscheiden – tatsächlich nicht zurückkehren würde.
Und Kern würde die SPÖ umpositionieren wollen und in Neuwahlen gehen. Also entscheidet doch wieder die Wiener SPÖ? In diesem Sinn: Ja. Aber: Kern würde sich auch keinem Kampfparteitag stellen. Entweder Babler ziehe zurück – dann könnte auch plötzlich Finanzminister Marterbauer als Alternative aufstehen – oder es werde eben wieder Babler, sagen die meisten Roten.
Der einstige Bürgermeister von Traiskirchen würde derzeit sehr sehr viel fraktionieren. „Das kommt halt alles sehr spät“, sagen mehrere Rote. Wahrscheinlichstes Szenario für den SPÖ–Parteitag am 7. März: Babler bleibt einziger Kandidat und wird auf unter 70 Prozent heruntergestrichen. Sollte es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen, würden neun von neun SPÖ–Landeschefs danach trachten einen anderen als roten Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken. Falls sie sich dann auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen könnten.