Um 13.13 war Abfahrt für den ICE 90 "Donauwalzer" gen Hamburg. Dann kam alles anders: Das Sechs-Stunden-Protokoll eines Fahrgastes aus dem Pannen-ICE im Wiener Tunnel.
Keine Verspätung, draußen pfeift es und der Zug fährt um kurz nach 13 Uhr, genau genommen 13.13 Uhr, ab. Der ICE 90 Richtung Hamburg ist mehr als gut gefüllt. Viel Reiseverkehr, darunter eine junge Deutsche, die in Wien lebt und nach Hannover will. Auf den Gängen sitzen ein paar junge deutsche Pfadfinder - viel Rückreise und Urlaubsverkehr. Mit Abfahrt dimmert das Licht, einige Lampen sind bereits ausgefallen. Als der Zug kurz hinter Wien Meidling in den Tunnel einfährt, wird es dunkler.
Stockdunkel: Im stromlos stehengebliebenen Zug war es zappenduster. Stundenlang mussten die Passagiere im Waggon im Tunnel ausharren.
Abruptes Bremsen - Licht fällt aus
Nach rund 15 Minuten Fahrtzeit ein abruptes Bremsen - alle Lichter gehen aus. Es kommen zwei schnelle Durchsagen: In fünf bis zehn Minuten gehe es weiter, "technische Störungen" müssten erst behoben werden. Diese Durchsage wiederholt sich noch einmal. Es wird die letzte dieser Art in den nächsten Stunden sein. Aus den zehn Minuten werden viele Stunden. Der Zug hat keinen Strom und deshalb kein Licht, keine Klimaanlage, nichts. Rund 400 Fahrgäste sitzen im völligen Dunkeln in einem geschlossenen Zug im Tunnel zwischen Wien und Tullnerfeld.
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Nach den ersten Stunden räumt das Personal der Bahn das Bord-Bistro, alles wird kostenlos ausgegeben. Die jungen Pfadfinder gehen durch den Zug und verteilen Getränke an die Gäste, auch das Essen wird ausgegeben. Wie es weitergeht?
Eine Panne nach der anderen
Der erste Plan: Ein Zug aus Deutschland soll kommen und den kaputten Zug nach St. Pölten schleppen. Doch der ankommende Zug kann im Tunnel nicht andocken.
Zweite Variante: Alle Fahrgäste werden mit Unterstützung der Feuerwehr im Tunnel aus dem einen Zug evakuiert und in den zweiten Zug gebracht. Auch das funktioniert nicht, der angekommene Zug kann nicht unter Strom gestellt werden, panische Fahrgäste sollen in den Tunnel geflüchtet sein.
Nach über 100 Treppen und 6 Stunden: Erstmals wieder Licht
Der Ausweg: Nach rund fünf Stunden im Dunkeln, teils ohne Handyempfang, werden 400 Personen auf Höhe des 14. Wiener Gemeindebezirks aus dem Zug geholt und durch die über 100 Treppen des Notausstiegs an die frische Luft evakuiert. Zahlreiche Helfer stehen bereit, versorgen alle mit Getränken, Wurstsemmeln und es ist ein Shuttle-Service eingerichtet, der die Fahrgäste entweder nach St. Pölten oder Wien bringt. Es ist kurz vor 19.30, wer vorher im tief dunklen Zug saß, sieht nun wieder Licht.