Ein deutscher ICE ist am Samstagnachmittag kurz nach dem Bahnhof Wien-Meidling in einem Tunnel der Weststrecke zum Stillstand gekommen – und das für mehrere Stunden.
Der ICE 90 "Donauwalzer" war um 13:13 Uhr in Wien Richtung Hamburg abgefahren, blieb jedoch gegen 13:25 Uhr im Eisenbahntunnel Knoten Hadersdorf stecken. Rund 400 Fahrgäste saßen seitdem im Dunkeln fest. Um etwa 19.20 Uhr waren alle aus dem Tunnel evakuiert.
Kein Strom, kein Licht – völlige Dunkelheit
An Bord des defekten Zuges herrschten dramatische Zustände: Kein Strom, kein Licht – völlige Dunkelheit. Im Bord-Bistrot wurde Wasser an die gestrandeten Fahrgäste ausgeteilt. Zwei deutsche Pfadfinder, die sich ebenfalls im Pannen-Zug befanden, haben die Initiative ergriffen und haben vom Bord-Restaurant Kisten mit Wasser in die Waggons gebracht und haben so viele Fahrgäste versorgt. Insgesamt blieben die Passagiere ruhig.
Stockdunkel: Im stromlos stehengebliebenen Zug war es zappenduster. Stundenlang mussten die Passagiere im Waggon im Tunnel ausharren.
Auch Klimaanlage ausgefallen
Hinweise auf Verletzte lagen vorerst nicht vor. Der Ausfall der Klimaanlage soll für einige Fahrgäste, die bei geschlossenen Türen stundenlang festsaßen, eine durchaus belastende Situation dargestellt haben.
Die Ursache für den plötzlichen Totalausfall war zunächst unklar. Später sagte ein Sprecher der ÖBB gegenüber der APA, dass eine "technische Störung" der Grund für den Ausfall gewesen sei. Ein Versuch, den Zug abzuschleppen, scheiterte, das Ankoppeln eines Ersatzzugs funktionierte nicht.
Nach über vier Stunden Stillstand wurden die Passagiere von der Feuerwehr evakuiert. Die gestrandeten Fahrgäste wurden zu einem bereitgestellten Zug im Tunnel geleitet. Doch auch dieser Zug war dunkel, berichtet ein betroffener Fahrgast, der sich bei oe24 meldete.
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Nach fünf Stunden: Zug-Gäste immer noch im Tunnel gefangen
Im zweiten Zug mussten die Passagiere also weiter ausharren. Zunächst war unklar, wann sie aus dem Tunnel gebracht werden würden. Denn: Auch der zweite Zug – ebenfalls ein deutscher ICE – hatte keinen Strom.
Fahrgast: "Keiner weiß, wie es weitergeht"
Um 18.20 Uhr saßen die betroffenen Fahrgäste nach wie vor im zweiten Zug. Ein Fahrgast kritisierte gegenüber oe24, dass es keine Informationen darüber gegeben habe, wie es weitergehen werde. Über diesen Mangel an Informationen herrschte unter den Passagieren große Verärgerung. "Es gibt keine Kommunikation. Keiner weiß, wie es weitergeht", so der Fahrgast. Wahrscheinlich werde der Zug jetzt nach St. Pölten fahren, berichtete er weiter. Die Passagiere würden im neuen Zug nach wie vor im Dunkeln sitzen.
Auch zweiter Zug wird evakuiert
Auch mit dem zweiten Zug gab es kein Weiterkommen aus dem Tunnel. Wie einer der betroffenen Fahrgäste gegenüber oe24 sagte, sei die Feuerwehr in den neuen Zug gekommen, um die Passagiere über den nächsten Notausstieg an die Oberfläche zu geleiten.
Zweite Evakuierung hat begonnen
Um 19 Uhr hieß es dann aus dem Pannen-Zug, dass die zweite Evakuierung gerade angelaufen sei. Nach bereits fast sechs Stunden solle es für die gestrandeten Zug-Passagiere an die Oberfläche gehen. Die Feuerwehr verteilte dabei erneut Wasser.
Alle gestrandeten Passagiere evakuiert
Um etwa 19.20 Uhr dann die Erleichterung: Die gestrandeten Zug-Fahrgäste erreichten, geleitet von den Einsatzkräften, die Oberfläche. Nach 6 Stunden langem Martyrium konnten sie schließlich wieder frische Luft atmen. Ein Video zeigt den Notausstieg aus dem Tunnel:
In der Hamerlinggasse im 14. Bezirk warteten die Fahrgäste dann schließlich auf Busse, die sie in die Stadt bringen sollen. Vor Ort hieß es, dass es in etwa einer halben Stunde Shuttles geben soll.
Die Feuerwehr unterstützte die ÖBB mit insgesamt 20 Fahrzeugen und 80 Einsatzkräften. Die Wiener Berufsrettung war wiederum mit einer mobilen Leitstelle, einem mobilen Evakuierungsbus, acht Rettungsfahrzeugen und 20 Rettungskräften am Einsatz beteiligt. Zwei Fahrgäste mussten ambulant versorgt werden, ernsthafte Verletzungen wurden nicht festgestellt. "Es waren keine Hospitalisierungen erforderlich", informierte ein Sprecher der Berufsrettung die APA.
Wie ÖBB-Sprecher Baumgartner erläuterte, waren die betroffenen Passagiere zunächst in Absprache und mit Unterstützung der Blaulichtorganisationen aus dem stromlos stehen gebliebenen Zug gebracht und in einen bereit gestellten Ersatzzug umgeleitet worden. Einzelne Personen - laut dem Sprecher "eine Handvoll" - hätten diese Ersatzgarnitur dann allerdings entgegen ausdrücklicher Anweisungen verlassen, sich von den Zug-Garnituren wegbewegt und seien im Tunnel verschwunden. Das machte aus Sicherheitsgründen eine neuerliche Notabschaltung des Stroms nötig.
Tunnel musste auf Personen abgesucht werden
"Der Tunnel muss nun auf Personen abgesucht werden", erläuterte Baumgartner. Dazu würden von beiden Seiten Begehungen stattfinden. Bevor nicht gewährleistet ist, dass sich kein Mensch mehr im Tunnel befindet, könne die Strecke nicht freigegeben werden. Der Zugverkehr zwischen Wien-Meidling und Tullnerfeld war kurz nach 18.30 eingestellt worden. Wann mit einer Wiederaufnahme zu rechnen ist, war nicht absehbar. Das könne "noch Stunden dauern", meinte Baumgartner nach 20.00 Uhr.
Im Fernverkehr, der infolge der Notfallmaßnahmen vorübergehend über Rekawinkel umgeleitet wird, ist mit entsprechenden Verzögerungen bzw. Verspätungen zu rechnen. Auch einzelne Zugausfälle sind zu erwarten. Die ÖBB appellierten an Kundinnen und Kunden, sich online bzw. über Lautsprecherdurchsagen und Monitoranzeigen am Bahnsteig zu informieren.