Angeklagter zeigte sich teilweise geständig und sprach von Racheaktion – 16-Jähriger wurde wiederholt unter Drogen gesetzt und insgesamt 16 Mal missbraucht.
Wien. Wegen Vergewaltigung seines jugendlichen Schützlings hat sich am Dienstag ein 64-jähriger Wiener vor Gericht verantworten müssen. Die Vorwürfe des mittlerweile 16-Jährigen wiegen schwer, der Mann soll den Burschen unter Drogen gesetzt und 16 Mal vergewaltigt haben. Der Wiener bestreitet die Vorwürfe, sie seien aus Rache entstanden, weil er den Jugendlichen aus der Wohnung warf.
Die beiden lernten sich vor etwa zwei Jahren kennen, als der damals 14-Jährige den Wiener auf der Straße beim Gassigehen mit seinen Hunden ansprach. Der Bursche fragte den Mann, ob er für ihn Zigaretten kaufen könnte. Beim Spazierengehen erzählte der Jugendliche von seinem bisherigen Leben. Die Eltern seien im Gefängnis, er lebe in einer betreuten Wohngemeinschaft und sei seit seinem elften Lebensjahr drogenabhängig. Ab da kümmerte sich der Wiener um den Jugendlichen und der Bursche um die Hunde des Mannes. Fürs Gassigehen bekam er Zigaretten oder fünf Euro, berichtete der Angeklagte: "Er hat sich gleich in die Hunde verliebt."
Eines Tages bat der Bursche um Unterschlupf bei dem Wiener. "Er hat gesagt: 'In der WG gefällt es mir nicht, kann ich zu dir'", sagte der 64-Jährige. Der Jugendliche dürfte sich des Öfteren nicht an die Regeln der Wohngruppe gehalten haben und immer wieder tagelang nicht in die WG zurückgekehrt sein. In Absprache mit den Betreuern durfte er zu dem 64-Jährigen, musste sich aber täglich melden. Der Mann ließ den Burschen Playstation spielen, verköstigte ihn und redete auf ihn ein, von den Drogen loszukommen.
Bursche wurde 16 (!) Mal vergewaltigt
Der Jugendliche berichtete später aber auch von einer ganz anderen Seite. Seit Frühjahr 2019 soll er von dem 64-Jährigen unter Drogen gesetzt und 16 Mal vergewaltigt worden sein. Unter Androhung von Schlägen soll der Mann seinen Schützling immer wieder missbraucht haben. Auf dem PC des Mannes wurden bei einer Hausdurchsuchung später Kinderpornos gefunden. "Zu den Dingen mit den Bildern bekenne ich mich schuldig, aber alles andere nicht", sagte der 64-Jährige dem Schöffensenat (Vorsitzende: Elisabeth Reich). "Ich war selbst ein Heimkind und wurde missbraucht, da ist was hängen geblieben." Er hätte dem Burschen keine Gewalt antun können: "Ich bin ein komplett sensibler Mensch."
Die Anschuldigungen sollen seiner Meinung nach aus Rache erhoben worden sein. Denn ab Herbst 2019 wurde dem 64-Jährigen das Zusammenleben mit dem Jugendlichen laut eigener Aussage zu viel. "Am Tag schlief er, in der Nacht spielte er Playstation." Wenn der Wiener nicht zu Hause war, lud der Bursche Freunde in die Wohnung des "Onkels", wie er ihn nannte. Die ehemalige Lebensgefährtin des Mannes und Nachbarin erzählte dem 64-Jährigen von den teilweise lautstarken Besuchen. "Ich hab' ihm daraufhin gesagt, dass er nicht mehr kommen braucht", sagte der Beschuldigte. Auch die finanziellen Zuwendungen stellte der Wiener ein, worauf der Bursche versucht haben soll, ihm unter Gewaltanwendung die Geldbörse zu entreißen. Angezeigt hat der 64-Jährige den Überfall nicht. "Ich war blauäugig, blöd", sagte er.
Ein Freund hatte ihn noch gewarnt: "Ich hab gesagt, schmeiß ihn doch raus, er bringt dich noch ins Gefängnis. Und das ist ja auch passiert", sagte der 57-Jährige im Zeugenstand und berichtete von solchen Androhungen vonseiten des Jugendlichen. Kurz darauf wurde der 64-Jährige angezeigt und in U-Haft genommen. Wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person, Kinderpornos, versuchter Nötigung und Suchtmittelmissbrauchs wurde Anklage erhoben.
Die kontradiktorische Einvernahme des Burschen wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgespielt. Ein Urteil soll am Nachmittag erfolgen.