Tschetschenen-Krieg

Es ging um die Ehre einer Frau

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Neun Männer im Blutrausch - Zwei in Lebensgefahr.

Die Hintergründe eines blutigen Aufeinandertreffens zweier Familien lassen schaudern. Es war einzig das Foto einer Frau einer der beiden betroffenen Familien, das zu den irren Szenen am Mittwochabend auf einer „Blutwiese“ im Bereich der Thayagasse in Floridsdorf geführt hat. Was auf dem Bild genau zu sehen war, warum es herumgezeigt wurde und weshalb dadurch das kaukasische Blut derart in Wallung geriet, bleibt Spekulationen überlassen. Fest steht, dass sich die Männer der beiden Clans trafen, „um die Ehrenbeleidigung zu besprechen“.

Doch kaum hatten sich die beiden silbernen Familienkutschen (ein Mercedes und ein Audi) im Bereich einer Kleingartensieldung eingebremst, fielen auch schon die ersten Schüsse.

Mehrere Kugeln in Brust des ersten Opfers

Einer der beteiligten Tschetschenen (im Alter von 20 bis 49 Jahren) zog eine Pistole und feuerte seinem unmittelbaren Kontrahenten mehrmals in die Brust – ÖSTERREICH berichtete. Der Mann und ein im Folgenden durch die Schießerei schwer Verletzter liegen auf der Intensivstation eines Spitals, das aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben wurde. Auch einem zweiten Täter bzw. Opfer – was derzeit nicht leicht zu beurteilen ist – geht es so schlecht, dass er bzw. es aufgrund der Kugeln und der Messerstiche trotz Intensivbehandlung sterben könnte.
Zwei weitere Tschetschenen, denen in die Beine geschossen wurde, dürften die Schießerei überleben.

Insgesamt acht Beteiligte wurden, ob im Spital oder auf der Flucht, festgenommen. Ein Neunter konnte zu Fuß unerkannt das Weite suchen – ebenso wie ein zehnter Mann, der „zufällig“ vorbeikam und dem man die Waffe mit den Worten „Die Polizei ist hinter uns her“ in die Hand drückte …

"Familienehre mit Gewalt schützen"

Bert Scharner ist Obmann der europäisch-tschetschenischen Gesellschaft.

ÖSTERREICH: Was bedeutet Familie in der tschetschenischen Kultur?
BERT SCHARNER: Sehr viel. Das basiert auf Gewohnheitsrecht und Bräuchen aus alten Zeiten – eingewurzelte Selbstverständlichkeiten, wie es auch in Österreich der Fall ist.

ÖSTERREICH: Die Ehre der Familie wäre im Zweifelsfall mit Gewalt zu verteidigen?
Scharner: Viele würden nicht zu Gewalt greifen. Infolge der Traumatisierungen im Tschetschenienkrieg aber ist es im Durchschnitt aber wohl schon der Fall.

ÖSTERREICH: Wie lassen sich die häufigen Gewalt­taten mit tschetschenischer Beteiligung erklären?
Scharner: Die Jungen haben im Krieg erlebt, dass sich ihre Eltern nicht entsprechend zur Wehr setzen konnten. Jetzt versuchen sie ersatzweise, das „auszubessern“.

ÖSTERREICH: Stellen solche Gewalttaten die Tschetschenen ins Abseits?
Scharner: Ja, viele leiden unter dem Bild, das so etwas transportiert.(küe)

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