Der Holländer galt als hochgefährlich. Zwei Tage war der psychisch kranke Intensivtäter bereits auf der Flucht.
Zielfahndern des Bundeskriminalamts (BK) ist erst vor weniger als zwei Wochen ein besonderer Coup gelungen: Die Kriminalisten schnappten einen in Holland ausgebrochenen und hochgefährlichen Häftling am Flughafen in Wien-Schwechat nur 1,5 Stunden nach Übernahme des Falles. Vor Übertritt der österreichischen Grenze hatte sich der psychisch kranke Intensivtäter zwei Tage auf der Flucht befunden, erklärte der Leiter der Abteilung der APA in einem Hintergrundgespräch.
Der Mann hatte sich im Zuge seiner Flucht nach Österreich abgesetzt. Nach Grenzübertritt lokalisierten die Spezialfahnder ihn in Niederösterreich. Dort stieg der Gesuchte in einen Zug Richtung Flughafen Wien-Schwechat. "Wir haben ihn noch am 16. Februar hier festgenommen", sagte der leitende Beamte des "Fugitive Active Search Team" (FAST Austria) kürzlich im Zuge des Medientermins.
Die Festnahme des Holländers ist der jüngste Fall der sechsköpfigen Abteilung. Seit Gründung des Teams im Jahr 2003 gingen 313 Fahndungsakten über den Tisch der Ermittler am Josef-Holaubek-Platz. Dabei können die Beamtinnen und Beamten eine nahezu 100-prozentige Erfolgsquote vorweisen. 311 der 313 gesuchten Personen seien seit 2003 aufgespürt und festgenommen worden, wie Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts unterstrich. "Wenn wir nach jemandem fahnden, kann man nahezu sicher davon ausgehen, dass es ein Treffer wird", sagte er.
Mörder und Drogendealer noch auf der Flucht
Lediglich dem mutmaßlichen Darknet-Drogendealer und seit 2021 gesuchten Josef Martin Schabel (Spitzname: "Mr. Blow") sowie dem der Tötung einer Prostituierten im Jahr 1986 beschuldigten und neun Jahre später aus einer Justizanstalt geflohenen Ex-Zuhälter Tibor Foco konnten die Zielfahnder (noch) nicht das Handwerk legen. Das sei durchaus ungewöhnlich, heißt es vom Bundeskriminalamt. Schließlich beträgt die Fahndungsdauer im Schnitt rund 100 Tage. Konkret seien in dieser Zeitspanne 246 der 311 Personen festgenommen worden.
Wobei der Leiter des FAST-Teams betont: "Wichtig für einen guten Zielfahnder ist vor allem Hartnäckigkeit." Er schilderte in diesem Zusammenhang den Fall eines Österreichers als beispielhaft, der unter anderem wegen Kindesmissbrauchs gesucht wurde. "Er hielt sich zum Zeitpunkt, als wir ihn festnehmen konnten, bereits 30 Jahre in Nigeria versteckt", sagte der leitende Fahnder. Neben den klassischen Skills eines Kriminalisten sind laut dem FAST-Chef ebenfalls erforderlich: "Fremdsprachenfähigkeiten, Kommunikationsbereitschaft und Vernetzung" sowie Reisebereitschaft. Schließlich liege der Schwerpunkt im Ausland. "Eine Zielperson wird nicht vom Schreibtisch festgenommen."
So konnten die Beamten und Beamtinnen in der Vergangenheit spektakuläre Erfolge wie die Festnahme eines wegen Betruges gesuchten Schönheitschirurgen in Spanien, eines des Mordes an Ehefrau und Tochter beschuldigten Mannes im Irak oder eines verdächtigen gewerbsmäßigen Betrügers in Mexiko - nur 87 Stunden nach seinem Verschwinden - erzielen. Allein die bis 2024 mindestens 90 festgenommen Betrüger sind für eine Gesamtschadenssumme von mehr 2,5 Milliarden Euro verantwortlich.
Im vergangenen Jahr ging unter anderem die Festnahme eines serbischen mutmaßlichen Kokaindealers, der Teil eines Clans sein soll, sowie jene eines Österreicher in Indonesien, der des gewerbsmäßigen Betruges verdächtig wird, auf das Konto der Fahnder. Mit 23 Festnahmen sei dieses Jahr auch insgesamt ein erfolgreiches für die Spezialisten des Bundeskriminalamtes gewesen.
Die Zielfahndungseinheit des Bundeskriminalamtes feierte 2023 ihr 20-jähriges Jubiläum und operiert weltweit. Voraussetzung dafür ist eine von den österreichischen Behörden erlassene internationale Festnahmeanordnung. Dabei konzentrieren sich die Fahnder unter anderem auf schwere Kapitalverbrechen wie Mord, Raub oder Entführung sowie Fälle aus dem Bereich gewerbsmäßiger Suchtgifthandel bzw. Betrug - oft auch in Verbindung mit organisierter Kriminalität.
Die BK-Zielfahndungseinheit agiert dabei als Teil des EU-Zielfahndungsnetzwerks ENFAST und arbeitet eng mit internationalen Polizeibehörden sowie mit Europol aber auch Interpol zusammen.