Historikerstreit

Kommt jetzt die große Straßenumbenennung in Wien?

Insgesamt 19 "diskussionswürdige Straßennamen", welche von Historikern bereits 2021 im Buch "Umstrittene Wiener Straßennamen" aufgelistet wurden, warten auf Weiterbehandlung - sei es in Form der Umbenennung oder einer Zusatztafel. Erst in zwei Fällen ist dies in vier Jahren geschehen.

2021 veröffentlichte die Stadt Wien gemeinsam mit Historikern ein Buch und darauf basierend eine Liste mit "diskussionswürdigen Straßennamen". Insgesamt wurden bei 19 Straßen, Plätzen und Gassen der Namensgeber als "historisch belastet" angesehen – die Vorwürfe reichen von Antisemitismus über Rassismus bis hin zum Kolonialismus. Die Crux: In vier Jahren wurden erst zwei Straßen dementsprechend eingeordnet.  

Vor vier Jahren kündigte die zuständige Kulturstadträtin Veronika-Kaup-Hasler (SPÖ) an, bei diesen Straßen, Gassen und Plätzen eine Umbenennung zu prüfen bzw. eine Zusatztafel zu installieren. Im Prinzip sollte so eine Zusatztafel eine "Möglichkeit zur Auseinandersetzung und kritischen Reflexion" bieten.  

Zwei Beispiele der Kennzeichnung

Aus dem Loquaipark sowie dem gleichnamigen Platz in Mariahilf wurde 2022 der Schmalzhoftempelpark. Der Namensgeber Ferdinand Loquai fiel sowohl in seiner beruflichen als auch politischen Laufbahn wiederholt mit antisemitischen Äußerungen auf. Der neue Name nun erinnert stattdessen an eine israelische Synagoge, die sich bis zu den Novemberpogromen 1938 an diesem Platz befand.

"Robert Hamerling zählte zu den meistgelesenen Dichtern seiner Zeit. Sehr problematisch: seine antisemitische Grundhaltung, sowie seine negative Einstellung zu Frauen." So steht es auf einer Tafel im Hamerlingpark. Dieser und der Hamerlingplatz in der Josefstadt wurde also mit einer Zusatztafel versehen.

Gründe der Verzögerungen

Laut einem Sprecher von Kaup-Hasler lässt die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen wegen "angemessener Vorbereitungsarbeiten" noch auf sich warten.  

Weil durch fortlaufende Forschung weitere biografische Lücken der Namensgeber geschlossen worden seien, hätten die Historiker um Aufschub gebeten. Zusätzlich hätte man Experten für eine leichte Sprache hinzugeholt.

"Dabei zeigte sich, dass die Übertragung historischer Texte in einfache Sprache besonders herausfordernd ist", betont das Büro der Kulturstadträtin. Der "sehr stark begrenzte Raum" für die Texte hätte für unerwartete Herausforderungen gesorgt.

Finalisierung in Bälde

Nun würden die entsprechenden Anträge aber für den zuständigen "Unterausschuss für Verkehrsflächenbenennung" bereitliegen. Aufgrund der Wien-Wahl müsste sich dieser allerdings erst im Herbst konstituieren. "Die endgültige Finalisierung der Anträge kann somit erst erfolgen, wenn der neue Ausschuss 2025 zusammentritt", heißt es aus dem Büro Kaup-Hasler.

Darf man also damit rechnen, dass in Wien - nach vierjähriger Wartezeit - bald Zusatztafeln aufgestellt werden oder gar Straßennamen geändert werden? Bis auf weiteres muss diese Frage offenbleiben. Details, wo welche Vorgehensweise Anwendung finden wird, wurden noch nicht bekanntgegeben.

Wichtig, abschließend zu erwähnen: Grundsätzlich sieht die Stadt Wien von Umbenennungen bei Verkehrsflächen und Straßennamen mit "Adressfunktion" ab. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Parks ohne Adressfunktion, steht ein neuer Name im Raum.

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