Urteil nicht rechtskräftig

Lebensgefährten in Wien niedergestochen: Sieben Jahre Haft

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Aus Angst ihr Partner könnte sie wegen einer anderen verlassen, rastete sie aus.

Eine 55-jährige Frau, die am 7. Oktober 2016 in Wien-Favoriten ihrem Lebensgefährten 15 Messerstiche zugefügt und den Mitarbeiter der Wiener Linien lebensgefährlich verletzt hatte, ist am Montagabend am Landesgericht zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Angeklagte wurde wegen versuchten Totschlags schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die auf Mordversuch lautende Anklage wurde von den Geschworenen einstimmig verworfen. Die Laienrichter kamen mit 6:2 Stimmen zum Schluss, dass sich die Frau in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen hatte lassen, mit mehreren Messern auf den gleichaltrigen Mann loszugehen. Bei der Strafbemessung war die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten mildernd. Erschwerend fielen "die erhebliche Massivität und die Dauer die Tathandlungen" ins Gewicht, wie Richter Ulrich Nachtlberger ausführte.

Der Ex-Partner der Angeklagten bekam knapp 27.000 Euro an finanzieller Wiedergutmachung zugesprochen. Verteidiger Farid Rifaat erbat nach der Urteilsverkündung Bedenkzeit, Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig gab vorerst keine Erklärung ab.

Eifersucht als Motiv

Ausschlaggebend für die Messerattacke war eine andere Frau, die der 55-Jährige vier Monate zuvor während eines Kur-Aufenthalts kennengelernt hatte. In der Beziehung, die das Paar seit acht Jahren führte, hatte es zuletzt zu kriseln begonnen, weil die beiden sich mit dem Ausbau eines Hauses finanziell und arbeitsmäßig übernommen hatten.

Aus der neuen Frau, die zunächst als "Kurschatten" ins Leben des 55-Jährigen trat, wurde seine Geliebte, und am Ende wollte er ihretwegen mit seiner Lebensgefährtin Schluss machen. Damit wurde der Angeklagten "der Boden unter den Füßen weggezogen", wie der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann analysierte. Die 55-Jährige hätte nach einer "Aneinanderreihung von todunglücklichen Beziehungen" geglaubt, in dem gleichaltrigen Mann endlich den Partner fürs Leben gefunden zu haben. Weil am Ende auch diese Beziehung scheiterte, sei ihr "gesamtes Lebenskonzept zusammengebrochen", sagte Hofmann.

Nachdem die 55-Jährige festgestellt hatte, dass sie aufs Abstellgleis geraten war, flüchtete sie sich in verstärkten Alkoholkonsum. Außerdem ließ sie sich Beruhigungs- und Schlafmittel verschreiben. Am Abend des 7. Oktober, nachdem sie ihr Noch-Lebensgefährte von ihrem Stammlokal abgeholt und nach Hause begleitet hatte, bereitete er Penne mit selbst gemachtem Bärlauch-Pesto zu. Nach dem Essen, als sich die 55-Jährige mit einem weiteren Glaserl Wein vor den Fernseher setzte, zog er sich wie üblich ins Schlafzimmer zurück, um ihr aus dem Weg zu gehen.

Zu ihrer Überraschung zog sich der Mann aber gegen 21.30 Uhr noch einmal um, packte einen Rucksack und wollte sich auf den Weg zu seiner Geliebten machen. Auf die Frage seiner Lebensgefährtin, wohin er denn gehe, erwiderte der 55-Jährige: "Das geht dich einen Dreck an." "Na, bleib da, red' ma", bat die Lebensgefährtin. Mit den Worten "Na, i kumm morgen eh wieder" bückte sich der Mann, um sich die Schuhe anzuziehen.

"In dem Moment hab' ich gespürt, wie sie mir von hinten in den Rücken sticht", berichtete der 55-Jährige im Zeugenstand. Er sei "total überrascht" gewesen: "Es hat keinen Streit, keine Diskussion gegeben." Weil sie ihm den Weg zur Haustür versperrte, sei er ins Wohnzimmer geflüchtet: "Dort hab' ich mich vor Schmerzen am Boden gekrümmt." Sie habe ihm ins Gesicht gestochen, sich auf ihn gesetzt und weiter zugestochen.

"Du dreckiger Hund sollst krepieren"

Der Mann schilderte gespenstische Szenen. Nach einigen Stichen habe die Frau von ihm abgelassen und sich auf eine Eckbank gesetzt: "Mir hat's den Eindruck gemacht, sie tut fernschauen und rauchen." Als er um Hilfe bat und bettelte, sie möge die Rettung rufen, habe sie "Du dreckiger Hund sollst krepieren" von sich gegeben. Dann habe sie wieder ein paar Mal hingestochen. Auf neuerliches Flehen, endlich aufzuhören, habe er "Jetzt hab' ich dir in die Leber gestochen, jetzt geht es schnell" zu hören bekommen. Er habe keinen Mucks mehr von sich gegeben, um nicht weitere Angriffe zu provozieren.

Am Ende rutschte die Frau - offensichtlich vom Alkohol beeinträchtigt - von der Bank auf den Boden und war nicht mehr ansprechbar. Diese Situation nutzte der Mann, um mit ihrem Handy die Polizei zu verständigen. Dann robbte er zur Haustür und sperrte noch auf, bevor die Einsatzkräfte eintrafen. Seiner Einschätzung nach sei "mindestens eine Stunde" vom Beginn bis zum Ende der gegen ihn gerichteten Angriffe verstrichen, bemerkte der Zeuge.

Die Angeklagte hatte sich zum inkriminierten Mordversuch nicht schuldig bekannt und die Tat auf den im Übermaß genossenen Alkohol zurückgeführt. Ihrer Darstellung zufolge hatte sie schon vor dem Abendessen acht Spritzer und vier bis fünf doppelte Wodka intus. Zu Hause habe sie noch zwei oder drei Gläser Weißwein getrunken. Ihr fehle jede Erinnerung, weshalb und wann sie zu den Messern griff - laut Anklage soll die Frau nicht weniger als fünf verschiedene Exemplare benutzt haben: "Es hat ja keinen Streit gegeben. Ich kann's mir bis jetzt nicht erklären. Ich habe diesen Menschen geliebt. Es ist für mich unvorstellbar. Nach wie vor."

Fest steht, dass die Frau nach ihrer Festnahme schwer betrunken war. Eine um 00.44 Uhr vorgenommene Untersuchung mit einem Alko-Vortest-Gerät ergab einen Wert von 2,8 Promille. Dennoch ging Psychiater Hofmann davon aus, dass bei der 55-Jährigen im Tatzeitraum Diskretions- und Dispositionsfähigkeit gegeben war, da sie ansonsten nicht zu den inkriminierten Handlungen in der Lage gewesen wäre. Hofmann zweifelte die von der 55-Jährigen behaupteten Alkoholmengen an, die sie ab den Nachmittagsstunden zu sich genommen haben will.

Der 55-Jährige erlitt laut Gerichtsmediziner Christian Reiter mehrfach lebensgefährliche Verletzungen. Die Brusthöhle und der Bauchraum wurden eröffnet, der Magen zwei Mal, das Zwerchfell ein Mal durchstochen. Ohne rasche ärztliche Hilfe wäre der Mann "zweifellos verblutet", sagte Reiter.


 

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