In der Konstituierenden Sitzung des Gemeinderates wurden Bürgermeister und Stadträte gewählt. - Auch der Landtag wird konstituiert. Das Rathaus wird nach dem Amoklauf von Graz schwarz beflaggt.
Im Wiener Rathaus hat sich am Dienstag der Gemeinderat neu konstituiert. Am Vormittag stand unter anderem die Angelobung der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und die Wahl der Mitglieder des Stadtsenats auf dem Programm. Anschließend folgte die Regierungserklärung von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Ludwig hat nach der auf April vorverlegten Wahl wie schon 2020 eine Koalition mit den NEOS geschmiedet. In der Sitzung war auch der Amoklauf von Graz Thema.
- FPÖ-Beschlussantrag: "Wien muss Abschiebe-Hauptstadt werden"
- "Abwärtskoalition für Wien" - ÖVP kritisiert Regierungsprogramm
- Leistbarer Wohnkomfort: Die Zukunft im gemeinnützigen nachhaltigen Wohnbau
Seit langer Zeit wieder im historischen Sitzungssaal
Es ist die erste konstituierende Sitzung seit zehn Jahren, die im historischen Sitzungssaal des Rathauses über die Bühne geht.

Nach der Wahl 2020 war man nämlich auf den Festsaal ausgewichen, da dort die damals vorgeschriebenen Corona-Bestimmungen - also etwa die Abstandsregeln - besser eingehalten werden konnten. Am Ablauf hat sich nichts geändert. Damals wie heute wurden zu Beginn die 100 Mandatarinnen und Mandatare angelobt.
Ludwig eröffnete die Sitzung
Den Vorsitz hatte heute anfangs der Bürgermeister inne, da die Vorsitzenden des Gemeinderats zunächst formal noch nicht gewählt waren. Ludwig begrüßte Mandatare und Besucher und gab offiziell den Startschuss: "Ich eröffne hiermit die erste Sitzung des neu gewählten Gemeinderates." Wenig später wurde der Vorsitz von SPÖ-Gemeinderat Thomas Reindl übernommen, der das Amt bereits die vergangenen Jahre bekleidet hat.

Die SPÖ verfügt künftig im Stadtparlament über 43 Sitze (minus 3), die FPÖ 22 (plus 14), die Grünen 15 (minus 1), die NEOS 10 (plus 2) und die ÖVP ebenfalls über 10 (minus 12). Anschließend finden die Wahlen des Bürgermeisters sowie der Vizebürgermeisterinnen statt. Die beiden Vize-Ämter werden weiterhin Kathrin Gaal (SPÖ) und Bettina Emmerling (NEOS) bekleiden. Auch die Stadträtinnen und Stadträte werden gewählt.
Hier gibt es in Wien eine Besonderheit: Laut Stadtverfassung haben zwar alle im Gemeinderat vertretenen Parteien "nach Maßgabe ihrer Stärke" Anspruch auf Regierungsposten, doch diese sind nicht alle mit Anspruch auf eine Ressortverantwortung verbunden. Die Opposition verfügt nur über "nicht amtsführende" Stadträte. In der Stadtregierung gibt es lediglich einen Neuzugang: Barbara Novak (SPÖ) wird Finanz- und Wirtschaftsstadträtin.
Bürgermeister erhielt Stimmen von außerhalb der Koalition
Alle anderen Regierungsmitglieder haben ihre Ämter bereits zuvor bekleidet. Es sind dies neben Gaal (Wohnen und Frauen) und Emmerling (Bildung, Jugend, Integration) die roten Stadträtinnen und Stadträte Ulli Sima (Verkehr, Planung, Stadtwerke), Veronica Kaup-Hasler (Kultur), Peter Hacker (Gesundheit und Soziales) und Jürgen Czernohorszky (Umwelt und Klima).
Die Wahl des Bürgermeisters bzw. der Stadträtinnen und Stadträte erfolgte geheim. Sie zeitigte durchaus unterschiedliche Resultate: Ludwig erhielt 69 Stimmen -16 mehr als die Koalition Mandate hat - vermutlich wurde er auch von Teilen der Grünen und von Wirtschaftsvertretern der ÖVP gewählt. Spitzenreiterin war Kathrin Gaal, für die 90 Abgeordnete votierten - also auch der Großteil der Opposition. Kaup-Hasler kam auf 66, Czernohorszky auf 65, Sima auf 62, Hacker auf 60, Novak auf 58 und Emmerling auf 66 Stimmen. Die Stadträtinnen und Stadträte der Opposition konnten zwischen 30 (Dominik Nepp, FPÖ) und 83 Ja-Stimmen (Kasia Greco, ÖVP) für sich verbuchen.
Regierungsprogramm und Debatte
Der Bürgermeister wird im Lauf der Sitzung auch sein Regierungsprogramm erläutern. Der Erklärung folgt dann eine Debatte. Eine Fragestunde und eine Aktuelle Stunde gibt es bei der konstituierenden Sitzung nicht. Dieses Mal entfällt aber auch ein Programmpunkt, der üblicherweise bei der ersten Zusammenkunft obligatorisch ist: Der Kurzbesuch des Wiener Landeshauptmanns in der Hofburg zur Angelobung beim Bundespräsidenten. Diese wird zu einem späteren Termin nachgeholt.
Ludwig ist Bürgermeister und Landeshauptmann, da Wien zugleich Gemeinde und Bundesland ist. Das hat auch zur Folge, dass am Dienstag nicht nur eine konstituierende Sitzung stattfindet, sondern zwei. Auch der Landtag startet nämlich in die neue Legislaturperiode. Das erfolgt nach der Sitzung des Gemeinderats bzw. wird dieser für einen Landtag unterbrochen, wenn er nicht spätestens um 17.00 Uhr zu Ende ist.
Gedenkminute nach Grazer Amoklauf
Am späten Vormittag wurde die Gemeinderatssitzung aufgrund des mutmaßlichen Amoklaufs an einer Schule in Graz, bei dem es mehrere Tote gegeben hat, kurz unterbrochen. Gemeinderatsvorsitzender Reindl ersuchte die Mandatare angesichts des Ereignisses eine Gedenkminute abzuhalten.
Bürgermeister Ludwig ging in seiner anschließenden Regierungserklärung ebenfalls auf die Tat ein: "Ich bin so wie Sie alle sehr betroffen durch den Amoklauf von Graz an einer Schule mit mehreren toten Kindern, die ihr Leben noch vor sich gehabt hätten. Wir sind fassungslos." Es sei schwierig, zu einer Tagesordnung überzugehen, wenn man vor so einem Ereignis stehe. Der Amoklauf werde für die ganze Gesellschaft eine Zäsur bedeuten. Ludwig kündigte an, dass aus Solidarität mit den Betroffenen das Rathaus schwarz beflaggt wird.