Die Behörden appellieren an Menschen, die den zwei Mädchen und dem Buben Unterschlupf gewährt haben.
Keine Spur gibt es weiterhin von den drei Kindern, die nach einem Polizeieinsatz wegen des Verdachts der Kindesentziehung in Wien-Döbling geflüchtet sind. Die Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien (MA 11) appellierte an jene Menschen, die dem Buben und den beiden Mädchen Unterschlupf gewährt haben, mit den Behörden in Kontakt zu treten. Grund für den Einsatz war, dass die Mutter trotz vorläufigem Entzug des Sorgerechts seit sieben Monaten die Kinder in ihrer Obhut hatte.
Die MA 11 ist etwa seit 2011 mit der Familie in Kontakt, also eigentlich seit der Geburt des ältesten Kindes, des jetzt 13-jährigen Buben. Der Grund war eine schwere Form der Vernachlässigung durch die 38-jährige Mutter, sagte MA 11-Sprecherin Ingrid Pöschmann. Die Kinder - mittlerweile 13, elf und vier Jahre alt - hatten aufgrund der Überforderung der Mutter keinen strukturierten Tagesablauf und kein kindgerechtes adäquates Zuhause gehabt. So sei die Schule nur unregelmäßig besucht worden. Es habe laut Pöschman mehrere Gefährdungsanzeigen gegeben, zudem hätte sich auch die 38-Jährige an die Behörden gewandt, um Hilfe zu erhalten.
Daraufhin wurden der Frau im Juni 2023 die Kinder abgenommen, um sie in ein Krisenzentrum zu bringen. Das hätte die Mutter auch mitgetragen. Der Plan war, dass die Kinder sechs Wochen in diesem Krisenzentrum bleiben und dass mit Mutter und Kindern die bestehenden Probleme bestmöglich gelöst werden. Danach wurde überlegt, ob sie zur Mutter zurückkehren können oder ob für sie ein Platz in einer betreuten Wohngemeinschaft gesucht wird. "Es wurde schnell sichtbar, dass es zu Hause nicht mehr geht", sagte Pöschmann. Die überlegten Schritte wurden von der Frau nicht umgesetzt und da sei sie auch recht schnell in den Widerstand gegangen.
Daraufhin tauchte die Frau mit der jüngsten Tochter unter. Die älteren Kinder wurden in eine Wohngemeinschaft überstellt, liefen aber recht bald weg und dürften zur Mutter gegangen sein. Immer wieder habe die MA 11 die 38-Jährige kontaktiert. Auch mit den Kindern wurde versucht, über die Schule eine Arbeitsbeziehung aufzubauen, die aber laut Pöschmann aufgrund des Loyalitätskonflikts gegenüber der Mutter nur "millimeterweit" gelang. Wenn die Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialarbeiter in die Bildungsstätte kamen, blieben die Kinder dann wieder tagelang der Schule fern. Ein Verfahren am Pflegschaftsgericht ist noch anhängig.
Am vergangenen Donnerstag klopfte die MA 11 dann wieder an die Wohnungstür der Frau, die erneut nicht öffnete. Allerdings kam gerade der 13-Jährige von der Schule und auch er bat seine Mutter verzweifelt, die Tür zu öffnen. Auch eine Nachbarin, die mit der 38-Jährigen befreundet ist, konnte sie nicht zum Öffnen bewegen. Aus der Wohnung waren Kinderstimmen zu hören. Daraufhin wurde von der MA 11 um polizeiliche Assistenz gebeten, was laut Pöschmann nicht oft vorkomme.
Zusammengeknotete Leintücher wurden gefunden
Kurz bevor die Türe zwangsweise geöffnet wurde, ließ die Frau die Beamten eintreten. In der Wohnung befand sich noch die mittlere Tochter im Alter von elf Jahren. Von der Vierjährigen fehlte jede Spur. Die Behörden gehen davon aus, dass die Frau ihr jüngstes Kind möglicherweise abgeseilt habe, aus dem Fenster im zweiten Stock hingen zusammengeknotete Leintücher. Nachdem die beiden älteren Geschwister von Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe in Obhut genommen wurden, um mit dem Taxi ins Krisenzentrum gebracht zu werden, rissen sich beide los und rannten davon, berichtete Pöschmann.
Die Frau wurde festgenommen. Sie verweigerte jedoch laut Wiener Polizei jegliche Aussage. Über Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien wurde sie in Haft genommen. Bezüglich der drei Kinder wurde eine Fahndung eingeleitet.