Alle spricht für ein persönliches Motiv, weshalb der langjährige Schulwart und beliebte Personalvertreter sterben musste.
Wien. Der Mord an Harald S. in Simmering – seit 1994 Schulwart, seit 1997 im 11. Bezirk – entpuppt sich als eines der abscheulichsten Verbrechen seit Langem: Wie durchsickerte, wies die Leiche des in einem abgesonderten Raum aufgefundenen Gewerkschafters und Vertrauensmannes am ganzen Oberkörper, am Hals, am Kopf und im Gesicht Dutzende Messerhiebe auf! Es war, wie es in der Kriminalistik heißt, ein wahrer Overkill, der auf einen ihm bekannten, von Hass und Gefühlen überwältigten Täter schließen lässt.
Lehrerin traf in der Früh auf flüchtigen Mörder
Dass der Pendler, der mit Frau und Sohn ins Burgenland abgewandert war und unter der Woche im Schulgebäude nächtigte, von Sonntag auf Montag einen Eindringling überrascht hat, wird eher ausgeschlossen – es gibt keine Einbruchsspuren. Nichts weist vor Ort in der Volksschule Hoefftgasse 7 auch darauf hin, dass jemand anderer sich am Wochenende im Haus eingenistet hatte und von Harald S. überrascht worden wäre.
Fahndung. Die Tatzeit war am Montag vor 6.30 Uhr – da kam die erste Lehrerin zur Arbeit und wunderte sich über eine schulfremde Person, die aus dem Haupteingang gelaufen kam. Nach diesem Verdächtigen fahndet die Polizei intensiv: Wie berichtet, ist der Gesuchte schlank, fiel durch seine jugendliche Motorik auf, war über 1,75 m groß, trug dunkle Hosen und einen dunklen Hoodie mit übergestülpter Kapuze. Obendrein hatte der mutmaßliche Killer, der in Richtung der Wohnbauten am Muhrhoferweg flüchtete, eine weiße FFP2-Maske auf. Seit Veröffentlichung glüht das Polizei-Telefon wegen Hinweisen. Das Problem: Jeder zweite Jugendliche heutzutage entspricht in der Pandemie frühmorgens ungefähr dieser Personenbeschreibung …
Während Tatortarbeit an Leiche: Kinder in Schule
Mehr Erfolg versprechen sich die Fahnder von der unmittelbaren Tatortarbeit und Spurensuche in der Schule – die leider über die Bühne ging, während die Kinder noch Unterricht hatten. Keiner schickte sie nach Hause, viele Kids und ihre Eltern erfuhren erst über Medien oder Facebook von dem furchtbaren Ereignis. Die Leiche wurde erst am Nachmittag abgeholt.
Von einem ist jedenfalls auszugehen: dass die Ermittler angesichts einer derartig überhasteten, geradezu explodierten Tat etwas vom Mörder gefunden haben. Etwas, das der junge Mann hinterlassen hat und auf dem seine DNA zu finden ist. Vielleicht stellt sich der Gesuchte auch.
Wiederkehr: "Tat schlichtweg nicht begreiflich"
Stellvertretend für viele meint Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr, dass ihm die Worte fehlen: „Wenn ein Mensch seines Alters, der mitten im Leben stand, unter diesen Umständen das Leben verliert, ist das schlichtweg nicht begreiflich.“ An allen Wiener Schulen wurde eine Trauerbeflaggung angebracht, das Kriseninterventionsteam betreute mit Psychologen verstörte Kinder und Eltern, die auch einen Brief von der Direktorin erhielten: „Die Kripo ermittelt nach dem tragischen Ereignis. Die Sicherheit an der Schule ist gewährleistet.“
Der Bruder des Getöteten, ebenfalls Schulwart im Waldviertel, postete auf Facebook einen trauernden Engel vor einer Kerze, Dutzende bekunden ihr Mitleid – auch für seinen Sohn, seine Ehefrau und seine betagte Mutter: „Harald war so ein wunderbarer Mensch, es ist nicht zu begreifen, was ihm angetan wurde.“ Alle hoffen auf schnelle Aufklärung.
(kor)