Der Beamte hatte dem wehrlosen Mann mehrfach das Knie ins Gesicht gedonnert. Mit einem Jahr auf Bewährung entging der Polizist dem automatischen Amtsverlust – die Staatsanwältin meldete Berufung an.
Ein Polizist, der am 1. August 2022 im Zug einer Amtshandlung in der Wiener Innenstadt einen wehrlosen Mann geschlagen und mit zahlreichen Kniestößen ins Gesicht misshandelt hatte, ist am Montag am Wiener Landesgericht wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden.
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Richter: "Exzessive Gewalt"
"Sie haben Ihre Befugnisse überschritten. Das war exzessive Gewalt", stellte der vorsitzende Richter fest. Dessen ungeachtet kam der Beamte mit der Mindeststrafe davon. Die Staatsanwältin legte dagegen Berufung ein.
Polizist darf Job behalten
Bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünf Jahren erschienen dem Schöffensenat zwölf Monate auf Bewährung tat- und schuldangemessen. Damit fiel die Sanktion exakt so aus, dass mit der Verurteilung nicht automatisch der Verlust der Amtsstellung verbunden war. Hätte er nur einen Tag mehr bekommen, wäre der Prügel-Polizist automatisch seinen Job losgewesen. Denn wird ein Beamter aufgrund einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die - unabhängig davon, ob sie unbedingt ausgesprochen oder bedingt nachgesehen wird - ein Jahr übersteigt, verliert er gleichzeitig sein Amt.
Beamter kein Rassist, nur "überfordert"
"Wir glauben nicht, dass Sie ein besonders gewalttätiger Mensch sind oder dass sie ein Rassist sind", sagte der Richter Philipp Krasa in der Urteilsbegründung. Beim Opfer von Polizeigewalt hatte es sich um einen Mann arabischer Herkunft gehandelt. Nach Ansicht des Schöffensenats war der Prügel-Polizist "schlicht überfordert" und habe "eine schlechte Problemlösungsstrategie" gewählt. Mildernd wurden dem Angeklagten neben einem am Ende abgelegten Geständnis - nach einem Verteidiger-Wechsel hatte sich der 31-Jährige am dritten Verhandlungstag im Unterschied zu seiner bisherigen Verantwortung formell schuldig bekannt - seine bisherige Unbescholtenheit sowie eine - zumindest aus Sicht des Gerichts - vorangegangene - "Provokation" und damit ein "Mitverschulden" seitens des Opfers angerechnet.
Staatsanwältin will höhere Strafe
Während der Polizist nach Rücksprache mit seinem nunmehrigen Verteidiger Nikolaus Rast das Urteil annahm, akzeptierte Staatsanwältin Hanna Fian die Entscheidung nicht. Sie verlangt eine höhere Strafe, da der Polizist einen "Akt rohester Gewalt" gesetzt habe, wie sie in der Verhandlung mehrfach betont hatte. Damit muss nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsausfertigung das Oberlandesgericht (OLG) in zweiter Instanz die Straffrage prüfen.