Einladung zu Treffen in Kanzleramt

Regierung schlittert mit geplanter Kanzler-Konferenz in Justizdebatte

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Die türkis-grüne Regierung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat eine Justizdebatte am Hals.

Wien. Auslöser war jedoch nicht die finanzielle Not der Justiz, sondern ein Runder Tisch, zu dem Kurz die Standesvertreter nach seiner Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingeladen hat. Die Opposition sieht das als Einmischung in die Agenden von Justizministerin Alma Zadic (Grüne).

Reaktion von Kurz auf heftige Kritik

Der am Donnerstag angekündigte Runde Tisch ist eine Reaktion von Kurz auf heftige Kritik an einem Hintergrundgespräch von Mitte Jänner, dessen Inhalte der "Falter" am Mittwoch veröffentlicht hat. Dort hat der Kanzler vor mehreren Dutzend Journalisten die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als ein Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet, die einseitig in Richtung der ÖVP ermitteln. "Das habe ich so nicht formuliert", verteidigte sich Kurz am Mittwoch. Trotzdem riss die Kritik nicht ab, weswegen Kurz in die Offensive ging und das Thema Justiz zur Chefsache erklärte.

Die Konferenz im Kanzleramt mit den Standesvertretern, Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) solle "zeitnah" stattfinden, kündigte das Büro von Kurz am Donnerstag an. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Die Opposition sieht den Runden Tisch jedoch nicht als Angebot an die Beteiligten, um "Defizite und Verbesserungspotenziale" in der WKStA zu besprechen, wie Kurz es nannte. Sie sieht das Treffen als Affront gegen die zuständige Justizministerin Zadic.

Die SPÖ forderte eine Entschuldigung von Kurz für seine Angriffe gegen die WKStA. Das sei "unvertretbar und strikt abzulehnen", sagte Justizsprecherin Selma Yildirim und stellte klar: "Diese roten Netzwerke gibt es nicht." SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wertete die aktuellen Aussagen von Kurz als "Doppelangriff" - auf die unabhängige Justiz und die grüne Justizministerin Zadic.

Ähnlich äußerten sich die NEOS. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger sieht in dem Runden Tisch einen weiteren Versuch von Kurz, die unabhängige Justiz unter seine Kontrolle zu bringen. "Erst schießt der Kanzler in einem Hintergrundgespräch die unabhängige Justiz mutwillig an, dann will er die Probleme, die er selbst geschaffen hat, lösen und führt damit die zuständige Justizministerin vor", kritisierte sie die Einmischung des Kanzlers.

Die FPÖ ortete hingegen eine "Flucht nach vorne von jemandem, der ertappt worden ist". Das sagte Klubchef Herbert Kickl im Ö1-Radio in Anspielung auf die vom "Falter" veröffentlichten Inhalte des Hintergrundgesprächs.

Unabhängige und funktionierende Justiz: Wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats

Kurz verteidigte seine Vorgehensweise am Donnerstag. "In der Causa WKStA bleibe ich dabei, dass es legitim ist, bestimmte Abläufe und Prozesse kritisch zu hinterfragen, denn eine unabhängige und funktionierende Justiz ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats", erklärte er. Die Justiz solle "unabhängig und objektiv arbeiten", fügte er hinzu.

In Schweigen gehüllt hat sich am Donnerstag Justizministerin Zadic selbst. Trotz Aufforderungen der Opposition, sich schützend vor die Justiz zu stellen, war aus ihrem Büro kein Kommentar zu den Vorgängen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu vernehmen.

Bei der Vereinigung der Staatsanwälte bzw. deren Präsidentin Cornelia Koller ist die Botschaft vom Runden Tisch lediglich via Medien angekommen, sagte sie. Koller sei zu einem persönlichen Gespräch bei Kanzler Kurz eingeladen, davon erhoffe sie sich nach den Berichten über das Hintergrundgespräch "Klarheit über das Gesagte und Maßnahmen zur Förderung des Vertrauens in die Justiz".

Die WKStA reagierte in der Debatte um ihre Ermittlungen in der Casinos-Affäre empört auf den Vorwurf des parteipolitischen Handelns und wies diesen entschieden zurück. "Wir verwehren uns gegen unsubstanziierte, öffentliche Spekulationen, die den Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und den Anschein parteipolitischen Handelns in den Raum stellen", hieß es in einer Stellungnahme.

 

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