Regierung

Brutaler Poker in der Koalition um EU-Top-Job

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Die Grünen machen der ÖVP das Recht streitig, den nächsten EU-Kommissar nach Brüssel zu  schicken.

Koalitionskrach. Es war ein Schlag in die Magengrube von Kanzler Karl Nehammer – und er war vor dem Geheim-Gipfel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wohlgesetzt. Donnerstagabend verabschiedeten sich die Grünen vom Koalitionspakt, konkret vom umstrittenen Job-Sideletter. Darin steht, dass die ÖVP das Anrecht habe, den nächsten EU-Kommissar zu stellen. Nichts da, tönte Vizekanzler Werner Kogler laut TT: Angesichts der Umfragewerte für die ÖVP sei es „kein Naturgesetz“, dass die Türkisen den Kommissars-Job bekommen. Dafür müsse es eine Mehrheit im Hauptausschuss des Nationalrates geben. Punkt.
Der Nehammer-Plan. Dabei hatte Nehammer schon alles eingefädelt. Das Treffen mit von der Leyen fand am Freitag rechtzeitig vor dem EU-Gipfel am 17. Juni zum Thema neue EU-Kommission statt. Einen Presseauftritt der beiden gab es nicht, Nehammer wollte so kurz vor dem Urnengang nicht mit der unbeliebten EU-Chefin fotografiert werden. Von der Leyen machte das aber zunichte und postete ein Foto von sich und Nehammer vor dem Stephansdom.


Edtstadler ausgebremst.
Sorgsam war zuvor die logische Kandidatin für den Kommissars-Job – EU-Ministerin Karoline Edtstadler – ausgebremst worden. Nehammer verzieh ihr nicht, dass sie nicht als Spitzenkandidaten in die EU-Wahl gegangen war. Stattdessen wurde Finanzminister Magnus Brunner als Kommissar in Stellung gebracht. Weil Nehammer sich so einen Konkurrenten vom Hals schaffe, wollen böse Zungen wissen. Da passte es gut, dass von der Leyen am Freitag nicht nur Bildungsminister Martin Polaschek – sondern eben auch einen „Kennenlern-Termin“ mit Brunner hatte.
Halt. Doch das steht jetzt alles in den Sternen: Das VP-Kalkül war, dass der aktuelle Nationalrat Brunner eventuell noch im Juli, jedenfalls aber im September durchwinkt.

Schmach. Stattdessen kommt zum Ärger der Türkisen ein anderer Name ins Spiel: Die Neos pushen ja schon seit Wochen den ehemaligen ÖVP-Spitzenkandidaten Othmar Karas für den Kommissarsposten, der sich mit seiner Partei allerdings überworfen hat. Die ÖVP müsste das wohl hinnehmen, wenn sich SPÖ, Neos und Grüne wirklich darauf einigen, eine Schmach. Denn von der FPÖ hat die ÖVP hier wohl keine Hilfe zu erwarten. Die Kommissarsfrage ist also wieder völlig offen und sorgt für giftige Stimmung in den letzten Tagen der Koalition. (gü)

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