SPÖ-Grande über PISA-Debakel

Androsch: "Wir sind Hinterwäldler"

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Ex-Minister und Bildungsexperte Hannes Androsch im Interview zum PISA-Debakel.

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Die aktuelle PISA-Studie hat dem heimischen Bildungssystem erneut ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Ex-SPÖ-Minister und Initiator des Bildungsvolksbegehrens Hannes Androsch hat auch schon einen Schuldigen ausgemacht. Und der heißt nicht Regierung: Die sei mit Schulautonomie und Ganztagsschule auf dem richtigen Weg. Werde aber von Gewerkschaften und Landesfürsten blockiert.

ÖSTERREICH: Was muss nach dem PISA-Debakel letzte Woche jetzt geschehen?

Hannes Androsch:
Das ist einmal mehr der Beweis für die Dringlichkeit einer zeitgerechten Bildungsreform, wie es das Volksbegehren angestrebt hat und wie es Ministerin Hammerschmid vorgeschlagen hat. Jetzt muss endlich Schluss sein damit, dass reaktionäre bildungsfeindliche Kreise das verwässern.

ÖSTERREICH:
Diese Gefahr sehen Sie?

Androsch: Sie haben die Reaktionen gesehen aus Niederösterreich und von einzelnen Lehrergewerkschaften und ihnen nahestehenden Elternvereinen, von denen man sonst nichts hört.

ÖSTERREICH:
Sie sprechen von der Ganztagsschule oder von der Schulautonomie?

Androsch: Beides gehört zusammen, insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund, die eine Herausforderung sind. Dass man das lösen kann, hat London bewiesen und auch Malmö gezeigt. Das ist machbar, nur man muss was tun. Dann muss man die Regierung auch lassen und nicht immer blockieren.

ÖSTERREICH: Welches ist da Ihr Lieblingsmodell? Hamburg ist ja ein Beispiel dafür, das hat erst sehr schlecht abgeschnitten und dann gut. Sollen Schulen mehr zusammenarbeiten?

Androsch: Es braucht mehr Geld und es braucht mehr Ganztagsschulen, wie es sie auf der ganzen Welt gibt. Wir sind ja Hinterwäldler in dieser Hinsicht. Es braucht auch Autonomie. Und: Schulen können natürlich nur so gut sein wie die Lehrer.

ÖSTERREICH: Professor Stefan Hopmann meint, es gebe keine einzige Studie, die belegt, dass Ganztagsschulen zu besseren Noten führen …

Androsch: Dann soll er auch erklären, warum es überall dort besser läuft, wo es Ganztagsschulen gibt. Eine abenteuerliche Ansicht. Diese Meinung kann man nicht einmal ignorieren.

ÖSTERREICH: Was erhoffen Sie sich von Schulautonomie?

Androsch: Dass Personalpolitik nicht mehr von Lehrergewerkschaften oder Landesfürsten gemacht wird, sondern die Bildung junger Leute das Ziel ist.

ÖSTERREICH: Sie haben schon einmal ein Bildungsvolksbegehren initiiert. Braucht es da jetzt eine Neuauflage?

Androsch: Das ist ja Aufgabe der Regierung. Und hier muss man endlich die Regierung regieren lassen und nicht versuchen, kleinsten Interessengruppen eine eigene, dem Land schädliche Politik machen zu lassen.

ÖSTERREICH: Werden wir bei PISA weiter abstürzen, wenn es so weitergeht?

Androsch: Ja, natürlich. 


Debora Knob

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