Temelin

Atomgegner drohen Gusi vor Nuklear-Gipfel

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Der Kanzler soll seinem Prager Amtskollegen zu Klarstellung hinsichtlich der Gültigkeit des Melker Abkommens drängen.

Österreichische Atomgegner haben vor dem Treffen von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Mirek Topolanek am Montag in Wien mit einer Wiederaufnahme der Grenzblockaden zu Tschechien gedroht. Sollte die Bundesregierung bei den tschechischen Behörden weiterhin keine Maßnahmen zur Behebung der Sicherheitsmängel im südböhmischen Atomkraftwerk Temelin setzen, seien "schärfste Protestmanßnahmen - und damit somit auch eine Rückkehr zu Grenzblockaden gerechtfertigt", betonte "atomstopp_oberoesterreich" am Sonntag in einer Aussendung.

Gelten Melker Abkommen?
Die Atomgegner äußerten die Erwartung, dass Gusenbauer von Topolanek eine Klarstellung hinsichtlich des völkerrechtlichen Status des Melker Abkommens zu Sicherheitsmaßnahmen in Temelin einfordern und auf eine umgehende und umfassende Lösung aller Sicherheitsmängel drängen werde. In der auf Initiative von Gusenbauer und Topolanek im Vorjahr gegründeten österreichisch-tschechischen Parlamentarierkommission zu Temelin seien diese Fragen nur weiter verschleppt worden, kritisierte "atomstopp_oberoesterreich". Tschechien habe bei der jüngsten Sitzung der Parlamentarierkommission zudem erklärt, dass das Melker Abkommen völkerrechtlich nicht verbindlich sei. Mit diesem "Knalleffekt" sei die vor Beginn der Kommissionstätigkeit gegebene Zusage der Atomgegner, von weiteren Grenzblockaden zu Tschechien abzusehen, "hinfällig", heißt es in der Aussendung.

Einrichtung einer Schiedsinstanz gefordert
Auch die Grüne Umweltsprecherin Ruperta Lichtenecker, die sich jüngst aus Protest gegen die Tätigkeit der Parlamentarierkommission aus dieser zurückgezogen hatte, forderte Gusenbauer auf, bei seinem Treffen mit Topolanek "die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Melker Abkommens zu klären. Außerdem muss Gusenbauer auf die Einrichtung einer unabhängigen Schiedsinstanz drängen, um die dringend nötige Klärung der offenen Sicherheitsfragen beim Risiko-AKW Temelin herbeizuführen", so Lichtenecker in einer Aussendung am Sonntag.

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Die Pläne für eine Erweiterung des umstrittenen südböhmischen Atomkraftwerks Temelin werden konkreter. Wie die tschechische Wirtschaftszeitung "E 15" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, wird der Temelin-Eigner CEZ möglicherweise schon im zweiten Halbjahr 2008 mit der Einholung von Genehmigungen für den Bau zweier weiterer Reaktorblöcke in Temelin beginnen.

Soll Atom-Bauverbot aufgehoben werden?
Zudem schloss der südböhmische Kreishauptmann Jan Zahradnik erstmals die Änderung des Beschlusses von 2003 nicht aus, der den Bau neuer Atomreaktoren verbietet. Nun sei die Situation anders, sagte der Parteifreund von Regierungschef Mirek Topolanek dem Blatt. "Sowohl CEZ als auch die Regierung verhandeln mit uns", sagte das Mitglied der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS).

Ist der Ausbau überhaupt notwendig?
Der tschechische Energiekonzern CEZ muss mit seinem Antrag noch das Ergebnis einer Regierungsstudie über die Entwicklung der Energieversorgung in den kommenden 30 Jahren abwarten. Die von einer Kommission unter Leitung des Präsidenten der tschechischen Akademie der Wissenschaft, Vaclav Paces, ausgearbeitete Studie soll eine eindeutige Empfehlung enthalten, ob neue Atomreaktoren nötig sind oder nicht. Das Dokument sollte bis Ende Juni fertig sein.

Nach den Worten des CEZ-Sprechers Ladislav Kriz könnte die Studie ein Signal für den Ausbau von Atomkraftwerken bringen. "Ohne eine breitere Zustimmung der Öffentlichkeit und der politischen Parteien ist es nirgendwo in der Welt möglich, den Bau eines Atomkraftwerkes zu beginnen", betonte Kriz.

Koalition voller Atombeführworter
Im Koalitionskabinett Topolaneks haben die Atombefürworter die Oberhand. Nur die Grünen des Vizepremiers und Umweltministers Martin Bursik sind dagegen. Sie hatten jedoch jenen Passus im Regierungsprogramm durchgesetzt, wonach das Kabinett neue atomare Energiequellen "weder planen noch unterstützen" soll.

Zwei Atomblöcke mehr ursprünglich geplant
Temelin war ursprünglich auf vier Reaktorblöcke ausgelegt worden, von denen jedoch bisher erst zwei gebaut wurden. Laut "E 15" gibt es außerdem auch Spekulationen über eine mögliche Erweiterung des südmährischen Atomkraftwerkes Dukovany. Die Behörden des Kreises Vysocina hätten keine Einwände dagegen, doch sei in diesem Fall der Energiekonzern CEZ aus technologischen Gründen gegen den Bau. Bei Dukovany gebe es keine ausreichende Menge an Wasser, die für die Kühlung eventueller neuer Reaktoren erforderlich sei, sagte Kriz.

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