Der kritische Blick. Polit-Blogger und oe24-Kolumnist Gerald Grosz für Sie die Polit-Woche in seiner bekannt charmanten Art.
Liebe User und Seher von oe24
Willkommen bei Grosz gesagt, dem überaus kritischen Blick auf die aktuellen Geschehnisse unserer Zeit. Kritisch, direkt, unabhängig und scharf wie Messer. Versprochen!
Erstmals seit mehr als 30 Jahren erleben wir auf dem europäischen Kontinent wieder kriegerische Handlungen. Raketen werden abgefeuert, Menschen umgebracht, sinnlos Blut vergossen. Die Welt hält den Atem an. Russland hat in diesen Tagen einen Angriff auf die Ukraine, beziehungsweise auf dessen östliche Teile gestartet. Unabhängig wie man über die Ursachen dieses Konfliktes denkt, es macht sprachlos, traurig und betroffen. Denn es gibt den chirurgisch exakten Krieg nicht, der nur die militärische Infrastruktur trifft. Es sind immer unschuldige Opfer, Kinder, Frauen, Männer, Alte zu beklagen. Es ist die Darstellung unermesslichen Leids, das uns die nächste Zeit begleiten wird. Zerstörte Häuser, volle Friedhöfe, Terror, Chaos und Anarchie.
Das ist eben der Krieg, den wir in Europa längst überwunden glaubten. Die Bilder aus Afghanistan wirkten für uns abstrakt, denn der Hindukusch ist sehr weit von uns, unseren Wohnzimmern, entfernt. Die Ukraine hingegen ist nah und so bekommt dieser Konflikt für uns auch eine persönliche Dimension. Sehenden Auges stolpert die Welt in diesen Krieg. Im Wissen, dass am Ende nur mehr Waffen und Raketensysteme sprechen, versagte die Diplomatie. Wäre dieses Leid verhinderbar gewesen? Ja! Aber dazu muss man die Ursache kennen.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er Jahren, der Auflösung des Warschauer Paktes verhandelten die damaligen Spitzen aus Ost und West den friedlichen Übergang von kommunistischer Diktatur zu westlicher Demokratie für die ehemaligen Ostblockstaaten. Eine der Grundbedingungen für diese friedliche Metamorphose war, dass sich die NATO, das US-Militärbündnis, nicht Richtung Osten, also in die Nähe Russlands ausweiten würde. Der damaligen deutsche Außenminister Genscher, sein US-Pendant Baker, die Präsidenten Reagan und Bush sowie der deutsche Kanzler der Einheit Kohl vereinbarten, dass in den Ländern des kommunistischen Reiches keine US-Militärstützpunkte errichtet werden dürfen.
Der Betritt Polens, Tschechiens, der Slowakei, Rumäniens, Lettlands, Littauens und Estlands zur NATO widerlegten die großen Schwüre von einst und straften sie der historischen Lüge. Obwohl nach dem Zusammenbruch der UdSSR ein US-Militärbündnis nicht mehr notwendig gewesen wäre, weitete sich dieses überraschend aus. Und am Ende stand nun in der Verfassung des unabhängigen Staates Ukraine, dieses Vorgarten Russlands, eine weitere Beitrittserklärung zur NATO. Die Wenigsten erinnern sich an das Jahr 1962. Damals versuchte Nikita Chruschtschow auf Kuba Waffen gegen die USA zu stationieren. Kennedy legte nicht nur Protest ein, sondern drohte mit dem dritten Weltkrieg. Weil dieser kommunistische Stützpunkt im Vorgarten der USA eine Bedrohung für die Sicherheit des amerikanischen Volkes gewesen wäre. Ähnlich argumentiert nun Putin und sieht die Gefahr für sein Russland in einem NATO Stützpunkt in der Ukraine. Wer Krieg, wer Leid und Tod verhindern will, muss den Grund dafür beseitigen. Und nun prallen die zwei Blöcke aufeinander. Auf der einen Seite die USA, mit ihren treuen und willfährigen Bündnispartnern innerhalb der EU und Russland. Zwischen den Stühlen landet das ukrainische Volk. Aber es zeigt sich in diesen Stunden einmal mehr, dass wir Europäer nicht willens und in der Lage waren und sind, eine eigenständige, unabhängige Außen- und Sicherheitspolitik zu formulieren, sondern uns an den Hals des geriatrischen Patienten in Washington werfen. Scharfe Sanktionen werden beschlossen, die Gasleitungen nach Europa gekappt, Exportverbote nach Russland ausgesprochen. Am Ende zahlen wir Europäer, die Ukrainer mit ihrem Blut und wir mit unserem Wohlstand für einen Krieg, der sich in Wahrheit zwischen den zündelnden USA und dem aggressiven Russland abspielt. Weil wir doch schon immer die nützlichen Idioten Anderer waren. Und Österreich? In unserer Verfassung steht die Verpflichtung zu absoluter Neutralität.
Wenn man sich die Wortmeldungen der Regierung der letzten Stunden vergegenwärtigt, kann man nur den Eindruck gewinnen, bei Karl Nehammer und Co handelt es sich um das Propagandainstrument des Seniorenwohnheims Washington, vulgo Weißes Haus. Aber immerhin schweigen die Damen und Herren Regenten zu Corona, auch ein netter Nebeneffekt. Das gibt es offenbar nicht mehr, verschwunden, im Erdboden versunken. Corona, wer? Was? Kenn ich nicht. Alle Augen sind auf die Ukraine gerichtet, der Immunstatus unserer Mitbürger interessiert uns nicht mehr. Eine Hysterie wurde von der anderen abgelöst, so einfach ist das. Ein Wunder. Mit 5. März sollen nun die meisten Maßnahmen abgeschafft werden.
Ob es bei der Impflicht bleibt, steht noch aus. Aber wie es aussieht, wird auch dieses virologische Ermächtigungsgesetzt ausgesetzt, in Grund und Boden gestampft und demnächst vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Und auch die Korruption im Land wurde von den internationalen Schlagzeilen verdrängt. Sie erinnern sich noch: ÖBAG-Skandal, Schmid-Chats, Postenschacher in den meisten Ministerien, Sideletters? Alles kein Thema mehr. Eigentlich angenehm für Karl Nehammer, Werner Kogler und die Regierung. Wie einst im Rahmen von 9/11 schafft es die schwächste Regierung aus dem Leid Anderer und dem medialen Fokus auf diesen zu profitieren. Selbst ein Krisenkabinett wurde im Kanzleramt eingerichtet, bestehend aus den hellsten Kerzen auf der Torte der Innenpolitik. Ausgerechnet jene Ministerinnen und Minister, die nicht einmal Corona managen können, sollen jetzt mediengerecht die Krise in der Ukraine lösen.
Und da will noch einer sagen, die Regierung gehöre nicht zu den Kriegsgewinnlern, zumindest medial. Wenigstens irgendwer gewinnt in vernunftloser Zeit. Manche könnten auch meinen, die Regierung nutzt die Ukraine um geschickt abzulenken. Vom U-Ausschuss, von den Corona-Pleiten. Und sie setzt auf die Zeit, die Zeit des Vergessens der Bürger. Apropos Zeit, meine ist schon wieder gekommen: Bleiben Sie mir treu, wenn es nächste Woche wieder heißt: Grosz gesagt.