Ministerrat

Doppelstaatsbürger: Kurz will prüfen lassen

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Kanzler: "Wollen, dass es keinen Missbrauch bei der Staatsbürgerschaft gibt"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Mittwoch nach dem Ministerrat betont, dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu österreichisch-türkischen Staatsbürgerschaften das weitere Vorgehen prüfen werde. Von einem Aussetzen der Verleihung an ehemalige türkische Staatsbürger wollte der Regierungschef im Pressefoyer nicht sprechen.
 
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte am Vortag in einer ersten Reaktion nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) via Online-"Presse" erklärt, er wolle die Verleihung neuer österreichischer Staatsbürgerschaften an Türken fürs Erste aussetzen. Derzeit gebe es keine Behördenzusammenarbeit mit der Türkei, so seine Begründung.
 

Klare Regierungslinie

Kurz erklärte nun am Mittwoch, die Regierungslinie sei "ganz klar": "Wir wollen, dass es keinen Missbrauch bei der Staatsbürgerschaft gibt. Doppelstaatsbürgerschaften sind nicht vorgesehen." Es könne nicht sein, dass jemand, der die österreichische Staatsbürgerschaft hat, widerrechtlich etwa die türkische Staatsbürgerschaft annimmt. "Innenminister Kickl prüft das Vorgehen im Zusammenhang mit der Türkei", weil es derzeit keinen zufriedenstellenden Informationsfluss gebe, sagte der Kanzler. Auch auf Nachfrage, ob das ein Aussetzen der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an bisher türkische Staatsbürger bedeute, sagte Kurz, der Innenminister sei in Folge des VfGH-Spruchs aktiv geworden und "prüft die Möglichkeiten", von einer Aussetzung der Vergabe von Staatsbürgerschaften wollte der Kanzler nicht sprechen. "Parallel dazu ist die Außenministerin in Kontakt mit den türkischen Behörden." Es gebe bereits wieder eine "erste Gesprächsgrundlage". "Wir erwarten uns von türkischer Seite, dass die Gespräche intensiviert werden."
 
Auch betonte Kurz, dass es nach dem VfGH-Spruch weiterhin für das Innenministerium möglich ist, im Falle einer widerrechtlichen Doppelstaatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. "Dass es Beweisbarkeit geben muss, ist klar, und das hat der Verfassungsgerichtshof noch einmal unterstrichen."
 

Keine Zusammenarbeit

Strache sagte dazu am Mittwoch, "dass hier offensichtlich die Zusammenarbeit der türkischen Behörden mit den österreichischen nicht stattfindet" - und dies sei "nicht erfreulich". "Und bis dahin müssen wir alle Gegebenheiten prüfen, wie wir damit umgehen." Denn: "Staatsbürgerschaftsbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Das ist abzustellen." Auch erklärte der Vizekanzler, dass jene Liste, die angeblich eine türkische Wählerevidenz sein soll, und aufgrund derer die Behörden in den Einzelfällen tätig geworden waren, lediglich als "Anhaltspunkt" für die Behörden diente, für Entscheidungen seien ohnehin weitere Beweise notwendig. "Aufgrund dieser Liste ist niemandem die Staatsbürgerschaft entzogen worden. Sie war nur ein Anhaltspunkt."
 
"Wir leben in einem Rechtsstaat, es gibt die Einzelfallprüfung", betonte auch Kurz. "Wenn jemand auf der Liste steht, ist das ein guter Grund für die Behörden aktiv zu werden. Aber am Ende des Tages muss eine volle Beweisbarkeit möglich werden."
 
Gefragt nach dem von Kickl am Vortag erneut angekündigten Vorhaben, künftig jenen Asylwerbern keinen Asylstatus zu gewähren, die mittels Schlepper ins Land kommen, betonte Kurz, es sei das klare Ziel der Regierung, gegen illegale Migration anzukämpfen. Man wolle legale Migration durch Resettlement-Programme forcieren, "alle unsere Bemühungen gehen in diese Richtung". Strache betonte, Schlepperei dürfe "nicht zum Erfolg führen".
 

Anwesenheitspflicht

Ebenfalls Thema im letzten Ministerrat vor Weihnachten war die Diskussion über eine Anwesenheitspflicht für Asylwerber in Wohnheimen. Strache sagte dazu, auch hier würden die Möglichkeiten geprüft und Kickl werde einen Vorschlag präsentieren. Kurz stellte klar, dass es dabei lediglich um eine Hausordnung gehen kann: "Was es nicht geben wird, ist ein Freiheitsentzug, eine Ausgangssperre - was nicht in Einklang mit der Gesetzeslage und den Grundrechten steht." Es sei sinnvoll, wenn es einen geregelten Tagesablauf gibt, der Innenminister werde die bereits bestehenden Hausordnungen zusammenführen und "da und dort adaptieren".
 
Persönlich wurde der Vizekanzler dann beim Thema der 2019 anstehenden Reform des Mutter-Kind-Passes. "Ich freue mich auch, dass ich demnächst wieder Vater werde, was gibt es Schöneres?", so Strache. Atmosphärisch ging es im vorweihnachtlichen Pressefoyer erneut betont harmonisch zur Sache. Die Regierungsspitzen dankten einander für die konstruktive Zusammenarbeit. Strache sagt, man habe ein Jahr erlebt, "wo wir ganz bewusst an die Arbeit herangegangen sind und nicht gestritten haben und das hat sich auch nicht verändert. Das Klima ist nach wie vor ein hervorragendes, weil wir davon geleitet sind, der Anspruch, für unser Land etwas Konkretes weiterzubringen wollen, dafür ist es auch notwendig, respektvoll miteinander umzugehen."
 
Kurz dankte nicht nur seinen Ministerkollegen, sondern auch den anwesenden Medienvertretern für die "kritische und doch stetige Begleitung unserer Arbeit und die Berichterstattung". Im Anschluss an die gewohnte Pressekonferenz lud der Kanzler dann Journalisten und Ministerkollegen zu Punsch und kleinen Erfrischungen ins Kanzlerbüro.
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