Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) drängt nach dem Erkenntnis des VfGH in Sachen Handy-Auswertung auf rasche Justizreformen.
Diese sollen nicht bloß eine Reparatur der gesetzlichen Regelungen bringen, sondern etwa auch einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf verschlüsselte Kommunikation. Zudem beharrt sie auf einem Zitierverbot im nicht-öffentlichen Ermittlungsverfahren und richtet der Justiz aus, dass sich diese die Weisungsspitze nicht aussuchen könne.
Nachdem der Verfassungsgerichtshof so klar festgestellt habe, dass eine Sicherstellung von mobilen Datenträgern eine richterliche Bewilligung brauche, müsse die Reparatur nun so rasch als möglich erfolgen, meint die Ministerin im APA-Interview: "Innerhalb weniger Monate muss ein Entwurf nicht nur vorliegen, sondern auch beschlossen sein."
Diese Gesetzesänderung sei dann auch "eine gute Gelegenheit", um weitreichende Maßnahmen zu vereinbaren. So unterstützt Edtstadler den Vorstoß von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), schon im Vorfeld einer möglichen Tat einen Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zu ermöglichen. Hier gehe es um Terrorabwehr. Man sollte ein modernes Gesetz schaffen, das es den Sicherheitsbehörden ermögliche, Taten zu verhindern.
Ausbau der Beschuldigtenrechte
Edtstadler pocht auch darauf, den Ausbau der Beschuldigtenrechte voranzutreiben. Einen ersten Schritt gebe es ja bereits mit den 70 Millionen, die für den Prozesskostenersatz vorgesehen sind. Hier erwarte sie "ehebaldigst" einen Vorschlag der Justiz. Aus ihrer Sicht "wird es dabei schon so sein müssen, dass man auf Länge und Komplexität der Verfahren Rücksicht nimmt".
Nicht ablassen will die Verfassungsministerin von ihrem Wunsch, ein Zitierverbot im nicht-öffentlichen Ermittlungsverfahren zu etablieren, das ja von der Justizministerin abgelehnt wird. Da es bis Mitte des Jahres nach einem VfGH-Erkenntnis auch das "Medienprivileg" - Ausnahmen für Medienunternehmen beim Datenschutzgesetz - zu reparieren gilt, zeigte sie sich offen, hier die beiden Themen gleich zu verbinden.
In Sachen Zitierverbot betont Edtstadler, dass sie das oft als zahnlos kritisierte deutsche Modell nicht einfach abschreiben wolle, aber man Anleihen nehmen könne. Für sie zentral ist konkreter zu machen, was ein Zitierverbot umfasst. Dabei geht es ihr vor allem um wörtliche Zitate. Es gehe nicht an, dass man ganze Einvernahme-Protokolle wörtlich in der Zeitung lesen könne.
Umstrittene Reform der Weisungsspitze
Noch nicht aufgegeben hat Edtstadler die koalitionär ebenfalls umstrittene Reform der Weisungsspitze. Jedoch sieht sie hier in erster Linie die Justiz am Zug, denn der vorliegende Vorschlag repräsentiere nur deren Vorstellungen: "Es wird nicht so sein können in einer Demokratie, dass die Justiz sich aussuchen kann, wie die Weisungsspitze ausgestaltet ist." Da brauche es eine breitere Einbindung.
Kritik übt Edtstadler an der jüngsten Weisung des Justizministeriums. Die Staatsanwaltschaft wollte gegen eine Entscheidung des Wiener Straflandesgerichts berufen, wonach eine Klima-Aktivistin nicht in U-Haft genommen werden darf, wurde vom Ressort aber zurückgepfiffen. "In so einem Fall hätte ich es mir drei Mal überlegt, ob ich verhindere, dass die unabhängige Justiz entscheidet, weil eine gerichtliche Entscheidung richtungsweisend gewesen wäre", adressiert die Verfassungsministerin die Justizministerin.
Edtstadler: "Ich habe ein sehr gutes Einvernehmen"
Dass speziell sie Probleme mit dem Koalitionspartner hat, bestreitet Edtstadler: "Ich habe ein sehr gutes Einvernehmen", sagt sie mit Verweis auf den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes. Doch sei sie als jemand bekannt, der Dinge auch anspreche. Daher habe sie sich - wiewohl nicht direkt ressortzuständig - zum Grünen Vorschlag geäußert, Betroffenen von variabel verzinsten Immo-Krediten eine Umwandlung auf Fixzinskredite anzubieten. Hier seien rechtliche Fragen völlig ungeklärt, man könne nicht so einfach in bestehende Verträge eingreifen. Entscheidungen über Risiken auf Kosten Dritter zurückzunehmen, gehe in einem Rechtsstaat nicht. Man dürfe Menschen nicht im Stich lassen, wenn diese Probleme mit der Rückzahlung von Krediten wegen der Zinsen hätten, aber nicht so.
Edtstadler will jedenfalls weiter in der Politik ihre Stimme erheben. Sie gilt als eine der Favoritinnen für den österreichischen Posten in der EU-Kommission. Diesbezüglich hält sie sich alle Optionen offen. Bleibt sie jedoch in Österreich, ist sie gerne bereit, bei der nächsten Nationalratswahl zu kandidieren, das auch auf einem Salzburger Listenplatz. Bei der kommenden Wahl gehe es um sehr vieles: "Jetzt kommt es darauf an, alle Kräfte zu bündeln."