Claudia Schmied erfüllt im Kompromiss-Papier die wichtigste ÖVP-Forderung. Dennoch kann sich die Einführung der neuen Schule noch hinziehen. Die Eltern laufen Sturm.
Gegen die erfolglosen Verhandlungen über die Neue Mittelschule (NMS) steigen jetzt die Eltern auf die Barrikaden. „Wir brauchen endlich eine Entscheidung“, sagt Andreas Ehlers, Elternvertreter der Wiener Pflichtschulen. Immer mehr besorgte Eltern wenden sich an ihn, weil sie wissen möchten, wie es mit der Bildungsreform weitergeht. „Im November beginnen die Tage der offenen Tür in den Hauptschulen und Gymnasien. Und ab Ende Jänner müssen sich die Schüler der 4. Volksschulklassen für die weiterführende Schule anmelden. Momentan wissen wir noch nicht einmal, welche Schulformen es gibt.“ Die Eltern bräuchten für diese wichtige Entscheidung über die Zukunft ihrer Kinder genügend Zeit.
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Auch Österreichs PISA-Chef Günter Haider ergreift für die Eltern das Wort: „Ich denke, dass die betroffenen Eltern mitbestimmen sollten. Ich bin selbst Vater und hätte es nicht zugelassen, wenn die Schulpartner über die Zukunft meines Kindes entschieden hätten.“
Einigung bei Mitsprache
Genau in diesem Punkt hat
Bildungsministerin Claudia Schmied nach ÖSTERREICH-Informationen aber
nachgegeben. In dem am Sonntag an das Wissenschaftsministerium übergebenen
Kompromiss-Papier ist die Ministerin der ÖVP-Forderung nach einer Mitsprache
der Schulpartner maximal nachgekommen.
Einführung erschwert
Damit ist allerdings jede Entscheidung
für einen neuen NMS-Standort erschwert. Denn für den Beschluss einer NMS ist
eine Zwei-Drittel-Mehrheit in jeder Kurie der Schulpartner (je drei Eltern,
Lehrer und Schüler) nötig. So könnten zwei schwarze Lehrer die Einführung
einer Neuen Mittelschule an einem Standort verhindern.
Neue Forderungen
Die Entscheidung über den Gesetzesentwurf kann
sich trotz Schmieds Entgegenkommen noch hinziehen. Dass bereits morgen im
Ministerrat ein Beschluss fällt, ist unwahrscheinlich, denn schon ist die
ÖVP mit neuen Forderungen zur Stelle. Argument der ÖVP: Man sei der SPÖ
durch die prinzipielle Zustimmung zu Schulversuchen im organisatorischen
Bereich ohnehin extrem entgegengekommen. Jetzt sei Schmied an der Reihe,
sich zu bewegen. Die Konservativen fordern nun, dass die Länder „von unten“
bestimmen können, ob eine NMS eingeführt wird, und nicht die
Bildungsministerin die möglichen Standorte auswählen kann. Zudem beharrt die
ÖVP auf der Wahlfreiheit an einem NMS-Standort – ein Thema, das laut Schmied
längst vom Tisch ist.
Kanzler mahnt
Am Montag meldete sich erneut SP-Kanzler Alfred
Gusenbauer zu Wort, um Bewegung in die Schulfrage zu bringen: „Die
Durchsetzung von Maximalstandpunkten oder das bewusste Scheiternlassen eines
Projektes ist nicht Ausdruck einer konstruktiven Zusammenarbeit zweier
Regierungsparteien.“ Heute sollen die beiden Regierungskoordinatoren neuen
Schwung in die Gespräche bringen.
(knd)